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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Doppelt hält besser: Stabilisierung des vorderen Beckenrings erhöht die Gesamtstabilität bei FFP-Frakturen – Neues aus der Biomechanik

Fabian Kreß 1
Konrad Schuetze 1
Florian Gebhard 1
Ivan Zderic 2
1Uniklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
2AO Research Institute Davos, Davos, Schweiz

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die Studie untersuchte die biomechanische Stabilität verschiedener Fixationstechniken für Fragilitätsfrakturen des Beckens (FFP) Typ IIc. Ziel war es, die Effektivität unterschiedlicher Fixationsmethoden für den vorderen Beckenring in Kombination mit einer hinteren Ringstabilisierung zu vergleichen. Der Einfluss dieser Techniken auf Frakturverschiebung, Implantatlockerung und Gesamtkonstruktstabilität unter physiologischen Belastungsbedingungen wurde evaluiert. Die Studie adressiert die zunehmende Bedeutung der chirurgischen Behandlung von vorderen Beckenringverletzungen aufgrund steigender osteoporotischer Beckenfrakturen durch Niedrigenergie-Traumata.

Material und Methoden: Zwölf weibliche Leichenbecken (Durchschnittsalter 86,9 ± 10,5 Jahre) wurden verwendet. Nach Simulation einer FFP Typ IIc Fraktur wurde der hintere Ring mit einer transsacralen-transiliakalen Schraube stabilisiert. Der vordere Ring wurde in vier Gruppen behandelt: (1) keine Fixation, (2) externer Fixateur, (3) 4,5 mm retrograde Schraube, (4) 7,3 mm antegrade Schraube. Die biomechanische Testung erfolgte unter Simulation von Einbeinstandbedingungen mit zyklischer Belastung bis zum Versagen. Die Knochenmineraldichte wurde gemessen und die Präparate randomisiert. Hochauflösende optische Kameras und Röntgenaufnahmen wurden zur präzisen Messung von Verschiebungen und Winkeländerungen eingesetzt.

Ergebnisse: Die initiale Konstruktsteifigkeit zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Schraubenfixationstechniken demonstrierten überlegene Leistung hinsichtlich der Zyklen bis zum Versagen, wobei die retrograde Schraubengruppe die höchste Anzahl (10.819 ± 3.227 Zyklen) erreichte. Bei der Gesamtverschiebung am Ramus-Frakturpunkt und am anterioren Sakrumfrakturpunkt zeigten die Schraubengruppen signifikant geringere Verschiebungen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Nach 5.000 Zyklen wies die Kontrollgruppe eine mittlere Verschiebung von 14,281 mm auf, während die retrograde Schraubengruppe 6,451 mm und die antegrade Schraubengruppe 7,266 mm Verschiebung zeigten. Die retrograde Schraubengruppe zeigte nach 1.000 Zyklen die niedrigste Verschiebung (0,873 mm) am Sakrumfrakturpunkt. Der externe Fixateur zeigte intermediäre Ergebnisse zwischen der Kontrollgruppe und den Schraubenfixationen.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Studie zeigt, dass antegrade und retrograde Schraubenfixationstechniken für vordere Beckenringfrakturen bei FFP Typ IIc Verletzungen eine verbesserte Stabilität und Langlebigkeit im Vergleich zur externen Fixation oder keiner Fixation bieten. Die retrograde Schraube zeigte leicht überlegene Ergebnisse. Es konnte gezeigt werden, dass eine Versorgung des vorderen Beckenrings auch zu einer vermehrten Stabilität am hinteren Beckenring führt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer ganzheitlichen Behandlung von Beckenfrakturen, bei der sowohl der vordere als auch der hintere Ring berücksichtigt werden. Diese Erkenntnisse könnten wichtige Implikationen für die chirurgische Behandlung osteoporotischer Beckenringfrakturen haben und möglicherweise zu verbesserten Patientenergebnissen und reduzierten Komplikationen führen. Die Studie liefert wertvolle biomechanische Daten, die Chirurgen bei der Wahl der optimalen Fixationstechnik für FFP Typ IIc Frakturen unterstützen können.