German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Der Einfluss der Zugangswahl auf das postoperative Infektionsrisiko nach Tibiakopffraktur – Erfahrungen an einem Level 1 Traumazentrum
2Institut für Biometrie und klinische Forschung, Universität Münster, Münster, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Tibiakopffrakturen sind mit einem relevanten Risiko für postoperative Infektionen assoziiert. Durch das verbesserte Verständnis von Tibiakopffrakturen werden vermehrt posteriore und minimalinvasive Zugänge für die operative Versorgung verwendet, was das Infektionsrisiko verringern könnte. Das Ziel dieser Studie war es, die Veränderungen in der Zugangswahl bei der Versorgung von Tibiakopffrakturen, sowie den Einfluss der Zugangswahl auf das Infektionsrisiko zu untersuchen. Es wurde vermutet, dass posteriore/minimalinvasive Zugänge ein geringeres Infektionsrisiko aufweisen als anteriore Zugänge zum Tibiakopf.
Material und Methoden: Sämtliche Tibiakopffrakturen an einem Level 1 Traumazentrum zwischen 2016 und 2022 wurden retrospektiv evaluiert. Neben epidemiologischen Baseline-Parametern (Alter, Geschlecht, BMI), wurden die Art der Fraktur (nach AO-Klassifikation), offene Frakturen, die Anlage eines temporären Fixateurs externe, sowie die verwendeten Zugänge (Anteriore Zugänge: anterolateral/anteromedial; Posteriore/minimalinvasive Zugänge: posterolateral/posteromedial/arthroskopisch gestützt/Stichinzision) erfasst. Die Rate an Infektionen, sowie im Falle einer Infektion, der infizierte Zugang wurden bestimmt. Der Einfluss der erfassten Parameter auf das Infektionsrisiko wurde mittels univariat logistischer Regression ermittelt. Die statistische Auswertung erfolgte in SPSS.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 361 PatientInnen mit insgesamt 568 Zugängen innerhalb des Einschlusszeitraums operativ versorgt. Während 2016/2017 bei 77% der Zugänge ein anteriorer Zugang (anteromedial/anterolateral) gewählt wurden, hat sich das Verhältnis im Verlauf zu mehr posterioren/minimalinvasiven Zugängen entwickelt, mit einem Anteil von ca. 50% an den Gesamtzugängen im Jahr 2021/2022. Das Risiko für eine postoperative Infektion lag bei 7,2% über den Studienzeitraum. Anteriore Zugänge zeigten ein signifikant höheres Risiko für eine Infektion im Vergleich zu den posterioren/minimalinvasiven Zugängen (Odds Ratio 3,8, p = 0,003). Des Weiteren zeigten PatientInnen mit offenen Frakturen (Hazard Ratio 4,4, p = 0,007), sowie Fixateur externe (Hazard Ratio 6,7, p =<0,001) ein erhöhtes Risiko für einen Infekt.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Rate an posterioren/minimalinvasiven Zugängen hat im Laufe der Jahre zugenommen. Posteriore Zugänge weisen ein geringes Infektrisiko auf im Vergleich zu primär anterior gelegenen Zugängen. Dabei bleibt jedoch zu beachten, dass in vielen Fällen eine kombinierte Versorgung notwendig ist.



