German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Anteromediale vs. posteromediale MCL-Verletzungen: Unterschiedliche Assoziationen mit Kreuzbandrupturen?
2Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, UKSH, Campus Kiel, Kiel, Deutschland
3Orthopädische Chirurgie Kiel, Kiel, Deutschland
4Mare Klinikum, Kiel, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Verletzungen des medialen Kollateralbandkomplexes (MCL) stellen die häufigste Verletzung des Kniegelenks dar. Diese Verletzungen bringen zu großen Anteilen Begleitverletzungen mit sich. Ziel dieser Arbeit war es, die Inzidenz und Begleitverletzungen von MCL-Verletzungen zu untersuchen, wobei der Fokus auf der Unterscheidung zwischen anteromedialen und posteromedialen Verletzungsmustern lag. Hypothetisiert wurde, dass anteromediale Verletzungen unter Beteiligung des superfizialen MCL (sMCL; anteriorer Anteil) und des tiefen MCL (dMCL) mit Verletzungen des vorderen Kreuzbandes (VKB) assoziiert sind und Verletzungen der posteromedialen Ecke (sMCL; posteriorer Anteil und posteriores obliques Ligament, POL) mit Verletzungen des hinteren Kreuzbandes gemeinsam assoziiert sind.
Material und Methoden: Retrospektive Analyse von bisher 125 MRTs. Das sMCL wurde proximal in der axialen Ebene in eine anteriore und posteriore Division geteilt. Als Verletzung wurde eine im MRT sichtbare MCL-Kontinutiätsunterbrechung (Grad 2 nach Rasenberg et al.) gewertet und ein binärer Datensatz („verletzt“ und „nicht verletzt“) erstellt. Es wurden bedingte Wahrscheinlichkeiten über das Vorliegen von Komorbiditäten ermittelt. Untersucht wurde das sMCL, dMCL, POL, der anteromediale Retinakulum Komplex (AMR), VKB, HKB, Menisken sowie das Bone Bruise Muster. Als Multiligamentverletzung wurde eine Kombination aus VKB und HKB-Verletzung gewertet.
Ergebnisse: Bei den 125 untersuchten MRTs von MCL-Verletzungen betrafen 92 die proximale sMCL-Insertion (57 anteriores sMCL, 6 posteriores sMCL, 29 vollständiges sMCL). Distale Abrisse wurden in 15 Fällen beobachtet, hinzu kamen 24 POL- und 90 dMCL-Verletzungen. Wenn das anteriore sMCL betroffen war, waren die häufigsten Begleitverletzungen das dMCL (63%), das AMR (34%), sowie das VKB (52%). Bei den Verletzungen des posterioren sMCLs und des POLs war die häufigste Begleitverletzung das HKB (50%, bzw. 44%). Bei vollständigen proximalen Abrissen des sMCL war das dMCL (89%), das AMR (53%) und das VKB (53%) betroffen (ohne Multiligamentverletzungen). 11/22 HKB-Verletzungen wurden im Rahmen von Multiligamentverletuzungen beobachtet. Bei diesen war zu 91% das sMCL vollständig, zu 73% das POL und zu 91% das dMCL betroffen.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unterstreichen die Unterscheidung in antero- und posteromediale Verletzungsmuster. Es lässt sich ableiten, dass bei Verletzungen der anteromedialen Gelenkstrukturen eher das VKB als das HKB betroffen ist. Bei den posteromedialen ist eher eine Assoziation mit dem HKB herstellbar. Diese Ergebnisse unterstützen neure Konzepte, dass eine Adressierung der anteromedialen Bandstrukturen im Rahmen von VKB-Verletzungen vorgenommen werden sollte, während bei HKB-Verletzungen die posteromedialen Bandstrukturen stabilisiert werden sollten.
Abbildung 1 [Abb. 1]
Abbildung 1: Matrix der bedingten Wahrscheinlichkeiten über das Vorliegen von Begleitverletzungen unter Ausschluss von Multiligamentverletzungen.



