German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Elektive Hüft-TEP bei einem BMI > 40 kg/m². Soll entgegen der Leitlinie operiert werden?
2Albertinen Krankenhaus, Hamburg, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Die aktuelle S3-Leitlinie zur Behandlung der Coxarthrose sieht in einem BMI >40 kg/m² eine relative Kontraindikation zur Hüft-TEP. Der Leidensdruck vieler Patienten mit fortgeschrittener schmerzhafter Coxarthrose oder Hüftkopfnekrose ist jedoch erheblich, die konservative Behandlung oft erfolglos. Im EPRD Report 2024 wird für Patienten mit einem BMI von > 40 kg/m² und einer elektiv operierten TEP nach 6 Jahren eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 8% gegenüber etwa 3% für Patienten mit inem BM von <30 kg/m² dokumentiert. Es sind besonders frühe periprothetische Infektionen vermehrt zu beobachten. Konservative Maßnahmen zur Gewichtsreduktion sind meistens nicht erfolgversprechend. GLP-1 Rezeptor-Analoga reduzieren möglicherweise das Infektionsrisiko. Die Auswirkung eines bariatrischen Eingriffs vor Implantation einer Endoprothese sind unklar.
Material und Methoden: 27 elektive TEPs von Patienten mit mittleren BMI von 44 kg/m² wurden in die retrospektive Analyse eingeschlossen, 19 Frauen und 8 Männer, Durchschnittsalter 54,3 Jahre. Fast alle wiesen schwerwiegende Begleiterkrankungen auf, wie etwa Diabetes mellitus, Hypertonie, dialysepflichtige Niereninsuffizienz, postthrombotisches Syndrom. 4 Patientinnen hatten anamnestisch eine Lungenembolie.
10 Patienten benutzten einen Rollstuhl. Nach Beratung, der Diskussion über Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wurden die Patienten operiert. Bei keinem Patienten erfolgte präoperativ ein bariatrischer Eingriff.
Alle Patienten wurden über einen posterioren Zugang operiert. Die Prothesenpfannen wurden zementfrei verankert, 6 Patienten erhielten eine Double Mobility Cup, 12 Patienten wurden mit zementfreien Femurkomponenten versorgt.
Die durchschnittliche Schnitt-Naht- Zeit betrug 76 Minuten, kein Patient benötigte eine Blut-Transfusion. Die Entlassung aus der stationären Behandlung erfolgte im Durchschnitt nach 7 Tagen. Bei zwei Patienten erfolgte wegen eines postoperativen Hämatoms eine Revision mit Austausch der mobilen Teile. Ein Patient erlitt bei einem Sturz am 4. postoperativen Tag eine Prothesenluxation, die offen reponiert werden musste.
Ergebnisse: Bei der letzten Kontrolle waren alle Patienten mit dem OP-Ergebnis zufrieden. Die Gehfähigkeit war bei 15 von 27 Patienten weiterhin deutlich beeinträchtigt, da oft begleitende eine zusätzliche Gonarthrose oder Wirbelsäulenerkrankungen vorlagen. Der durchschnittliche Harris-Hip-Score betrug 77,4 Punkten. Ein Jahr nach der Operation war bei keinem der Patienten eine Lockerung, Luxation oder Infektion zu beobachten.
Diskussion und Schlussfolgerung: Trotz der Leitlinienempfehlung besteht durchaus die Indikation zur elektiven Hüft-TEP bei extrem übergewichtigen Patienten. Der Gewinn an Lebensqualität durch den Eingriff ist in den meisten Fällen erheblich, entscheidend ist die sorgfältige multidisziplinäre Vorbereitung des Patienten. In der Hand von High-Volume-Operateuren soll die Komplikationswahrscheinlichkeit des Eingriffs bei dieser Patientengruppe deutlich geringer sein was sich aber mit den aktuellen EPRD-Daten nicht bestätigen lässt. Der bei diesen Patienten zu erwartende Behandlungserfolg rechtfertigt einen risikoreichen Eingriff.



