German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Retrospektive Analyse einer isolierten Nachtorthesenbehandlung bei Patienten*innen mit idiopathischer Adoleszentenskoliose
2Wirbelsäulenzentrum – Asklepios Fachklinik Hohwald, Neustadt in Sachsen, Deutschland
3Orthopädie- und Rehatechnik Dresden GmbH, Dresden, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Patient*innen mit idiopathischer Adoleszentenskoliose (AIS) mit verbleibendem Restwachstum und Cobb-Winkeln der Hauptkrümmung ab 25° thorakal bzw. ab 20° thorakolumbal oder lumbal sollen laut aktueller S2k-Leitlinie mit einem Korsett behandelt werden [1]. Während die Effizienz von Ganztagsorthesen mit Level 1 Evidenz nachgewiesen ist, ist der Nutzen einer alleinigen Nachtorthesenversorgung umstritten [2]. Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit der frühen Nachtorthesentherapie bei Patient*innen mit AIS zu untersuchen und deren Einfluss auf die Krümmungsprogression zu bewerten.
Material und Methoden: Die Studie untersuchte die Wirksamkeit der Dresdner Nachtorthese (Night-Time Bending Brace) bei 153 Patient*innen mit AIS (13,7% männlich, 86,3% weiblich) zwischen 2002 und 2021. Die Patient*innen hatten bei Orthesenverordnung ein Skelettalter Risser kleiner oder gleich 3 und einen Cobb-Winkel zwischen 18° und 25°. Die Auswertung der Fälle erfolgte retrospektiv anhand der Krankenhausakte. Anhand der Dokumentation der Compliance des Orthopädietechnikers und des Wirbelsäulenchirurgen wurde die Kohorte in drei Gruppen eingeteilt: compliant (72,6%, immer compliant dokumentiert), mäßig compliant (15,0%, sowohl compliant als auch nicht compliant dokumentiert) und nicht compliant (12,4%, immer nicht compliant dokumentiert). Die Auswertung der Wirbelsäulenganzaufnahmen erfolgte mit der Software Surgimap.
Ergebnisse: Die Behandlung erfolgte über einen Zeitraum von 1,5 bis 3 Jahren. Das Durchschnittsalter der Patient*innen betrug bei Behandlungsbeginn 13,4 (± 1,3) Jahre und nach Beendigung der Therapie, beim last follow up 17,2 (± 1,4) Jahre. Der durchschnittliche Cobb-Winkel lag zu Beginn bei 20,4° (± 2,0°) und blieb bei der letzten Nachuntersuchung bei 20,7° (± 5,1°). Patient*innen mit hoher Compliance zeigten eine signifikante Verbesserung des Cobb-Winkels, während dieser bei mäßiger oder fehlender Compliance zunahm (Abbildung 1 [Fig. 1]).
Abbildung 1: Verlauf des Cobb-Winkels der Patient*innen mit idiopathischer Adoleszentenskoliose unter Nachtorthesenbehandlung von Therapiebeginn bis last follow up. * P 0,05; ** P 0,01
Bei der initialen Therapiekontrolle im Korsett ergab sich eine signifikante Reduktion des Cobb-Winkels um durchschnittlich 61,3% (20,4° ± 2,0° auf 7,9° ± 5,1°). auf 63,9%. Nach Beendigung der Therapie konnte bei 87,6% der Studienpopulation eine Winkelprogression um weniger als 5° erreicht werden.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Ergebnisse zeigen, dass das Dresdner Night-Time Bending Brace die Progression der AIS bei einem initialen Cobb-Winkel von 18–25° bei guter Compliance effektiv vermeiden kann.



