German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Risikostratifizierung nach endoprothetischer und osteosynthetischer Versorgung von proximalen Humerusfrakturen
2AOK-Bundesverband – Forschungsbereich Qualitäts- und Versorgungsforschung Wissenschaftliches Institut der AOK, Berlin, Deutschland
3Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
4Qualitätsmanagement, HELIOS Kliniken GmbH, Berlin, Deutschland
5Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Dresden, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Etwa 70% der proximalen Humerusfrakturen (PHF) treten nach dem 60. Lebensjahr auf. Im Zusammenhang mit der Behandlung von PHF sind hohe Komplikationsraten beschrieben. Risikofaktoren für das Outcome sind Gebrechlichkeit, Demenz, Medikamente und Komorbiditäten der Patient:innen zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme. Ziel dieser Studie war es, risikoadjustierte Qualitätsindikatoren für die chirurgische Behandlung von proximalen Humerusfrakturen zu untersuchen.
Material und Methoden: Es wurden retrospektiv Krankenversicherungsdaten (2017–2020) mit klinischen Daten von 15 Krankenhäusern korreliert und verschiedene Qualitätsindikatoren (Hybrid-QI) durch geclusterte multivariable logistische Regression untersucht. Als unerwartete Ereignisse wurden Tod, chirurgische Komplikationen (90/365 Tage), chirurgische Folgeereignisse (365 Tage), allgemeine Komplikationen (Indexfall/90 Tage) sowie sekundäre ipsilaterale Operationen (365 Tage) gewertet. Als Risikofaktoren wurden Komorbiditäten Medikamente (14/90 Tage), der Elixhauser – sowie der Hospital Frailty Risk Score (HFRS) evaluiert.
Ergebnisse: Insgesamt wurden n = 34.912 Patient:innen (Alter 75 Jahre, 80,3% Frauen) eingeschlossen. Das häufigste chirurgische Verfahren war die offene Reposition und winkelstabile Plattenosteosynthese (ORIF) (39,7), gefolgt von der inversen Schulterendoprothese (25,3%) und geschlossener Reposition und Nagelosteosynthese (11,5%). Während des Indexaufenthalts starben 1,3%, innerhalb der ersten 90 Tage 4,0% und innerhalb des 1 Jahres 9,0% der Patient:innen. Die Versorgung mit einer inversen Schulterprothese ist im Vergleich zur ORIF protektiv in Hinblick auf alle chirurgischen Komplikationen und Revisionen (Odds Ratio [OR]: 0,6; KI: 0,6–0,7) sowie Tod (OR: 0,7, KI 0,6–0,7) innerhalb der ersten 365 Tage. Der einflussreichste Risikofaktor für alle Ergebnisse war ein hoher HFRS mit einer OR von 2,0 (KI: 1,8–2,3) für jegliche sekundäre Operationen (365 Tage) bis zu einer OR von 17,6 (KI: 14,9–20,8) für allgemeine Komplikationen während des Indexaufenthalts. Auch Adipositas, Herzinsuffizienz und Nikotinabusus zeigten eine negativen Einfluss auf sekundäre Operationen mit einer OR von 1,2 (KI: 1,0 bzw. 1,1–1,3). Protektiv waren zum Beispiel das weibliche Geschlecht mit einer OR von 0,7 (KI: 0,6–0,7) für auftretende Komplikationen und mit einer OR von 0,4 (KI: 0,4 – 0,5) für Tod während der ersten 90 Tage nach Operation.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Versorgung mit einer inversen Schulterprothese ist im Vergleich zur ORIF mit einem geringeren Risiko für chirurgischen Komplikationen und Revisionen sowie Tod nach 365 Tagen vergesellschaftet. Vor allem der HFRS ist bei der PHF mit einer erhöhten Komplikationswahrscheinlichkeit assoziiert und konnte somit als negativer Prognosefaktor für das Outcome identifiziert werden. Die präoperative Erfassung des HFR Score bei PHF kann somit zur Risikoabschätzung und individuellen Therapieentscheidung beitragen.



