German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Die autonome Dysfunktion von Patienten mit Arthrose im Spätstadium erholt sich ein Jahr nach Knietotalendoprothese
2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Corporate Member of Freie Universität Berlin and Humboldt-Universität zu Berlin, Center for Musculoskeletal Surgery, Berlin, Deutschland
3Department of Orthopedics, Tabea Hospital Hamburg, Hamburg, Deutschland
4Division of Rheumatology and Clinical Immunology, St. John of God Hospital, Regensburg, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Osteoarthrose (OA) ist eine chronisch degenerative und mild entzündliche Gelenkerkrankung, die zu eingeschränkter Mobilität und chronischen Schmerzen führt. Die Pathogenese der OA ist hochkomplex und daher noch nicht vollständig erforscht. Vor kurzem haben wir gezeigt, dass OA Patienten im Spätstadium der Erkrankung eine signifikant verringerte Herzfrequenzvariabilität (HRV) und erhöhte Stresshormonkonzentrationen im Serum aufweisen, was auf eine autonome Dysfunktion mit Sympathikusdominanz hinweist. In der vorliegenden Studie analysierten wir die autonome Aktivität von OA Patienten vor und ein Jahr nach einer Knietotalendoprothese (TKA) und untersuchten, ob das autonome Gleichgewicht nach TKA wiederhergestellt ist.
Material und Methoden: Die Studienkohorte umfasste 76 Patienten mit OA des Kniegelenks vor und ein Jahr nach einer TKA (Alter 67,75±10,8 Jahre; weiblich/männlich: 60%/40%, BMI: 30±7,35 kg/m2). Die autonome Aktivität der Studienteilnehmer wurde anhand von HRV-Messungen mittels Elektrokardiogramm analysiert. Verschiedene HRV-Parameter wurden bestimmt, um sympathische (niederfrequente (LF) Leistung) und parasympathische (hochfrequente (HF) Leistung, pNN50 (%), RMSSD (ms), SDRR (ms)) Aktivitäten zu bewerten. Die Schmerzstärke und der Level des subjektiven chronischen Stress wurden anhand von Fragebögen (Perceived Stress Questionnaire – PSQ und The Western Ontario and McMaster Universities Arthritis Index – WOMAC) bewertet. Darüber hinaus wurde das Verhältnis der Stresshormone Cortisol und Dehydroepiandrosteron-Sulfat (DHEAS) in Serumproben mittels ELISA bestimmt. Eine lineare Regressionsanalyse wurde durchgeführt, um Charakteristika wie Alter, Geschlecht, BMI als potenzielle HRV-Störgrößen zu berücksichtigen.
Ergebnisse: Die lineare Regressionsanalyse zeigte, dass der Zeitpunkt der Analyse alle HRV Parameter signifikant beeinflusste. Ein Jahr nach TKA stiegen die HRV-Parameter SDRR (p=<0,001) und RMSSD (p=0,037) signifikant an im Vergleich zu den Werten vor der TKA. Der LF-Wert nahm zu (p=<0,001), während das LF/HF-Verhältnis ein Jahr nach der TKA abnahm (p=0,02). Der chronische Stresslevel und die Schmerzwerte wurden ebenfalls signifikant durch die TKA beeinflusst. Während das Schmerzniveau nach TKA signifikant abnahm (p=<0,001), änderte sich der subjektive chronische Stresslevel nicht nach TKA. Das Cortisol/DHEA-S-Verhältnis nahm ein Jahr nach TKA signifikant ab (p=0,048).
Diskussion und Schlussfolgerung: Die HRV Analyse zeigte ein Jahr nach der TKA eine deutlich verringerte Sympathikusaktivität, obwohl der subjektive Stresslevel nicht reduziert wurde. Daher scheint das autonome Gleichgewicht teilweise wiederhergestellt zu sein. Dies wird durch das verringerte Cortisol/DHEA-S-Verhältnis im Serum bestätigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der autonome Tonus bei Patienten mit OA im Spätstadium beeinträchtigt ist. Aus diesem Grund könnte das autonome Nervensystem ein vielversprechendes neues potenzielles therapeutisches Ziel darstellen.



