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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Identifizierung biomechanischer Subpopulationen und Analyse von Gangunterschieden bei Hüftarthrose mithilfe von erklärbarem maschinellem Lernen

Bernd Stetter 1
Jonas Dully 1
Stefan van Drongelen 2
Felix Stief 3
Jana Holder 4
Hannah Steingrebe 1,2
Frank Zaucke 2
Stefan Sell 1,5
Thorsten Stein 1
1Institut für Sport und Sportwissenschaft, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe, Deutschland
2Dr. Rolf M. Schwiete Forschungsbereich für Arthrose, Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Universitätsklinikum Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland
3Labor für Funktions- und Bewegungsanalyse, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland
4Fachbereich Sport- und Bewegungswissenschaft, Paris Lodron Universität Salzburg, Salzburg, Österreich
5Gelenkzentrum Schwarzwald, Krankenhaus Neuenbürg, Neuenbürg, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Ein umfassendes Verständnis spezifischer biomechanischer Ganganpassungen bei Hüftarthrose (HOA) und nach Hüftgelenkersatz ist essenziell für individualisierte Rehabilitationsmaßnahmen. Maschinelles Lernen bietet innovative Ansätze zur Analyse hochdimensionaler biomechanischer Datensätze. Die datengetriebene Auswertung hilft, die Pathophysiologie der HOA besser zu verstehen und personalisierte Behandlungsstrategien zu unterstützen [1], [2]. Ziele dieser Studie waren:

  1. Die Identifikation von Subpopulationen mit unterschiedlichen Anpassungen der Gangkinematik und Gelenkmomente infolge von HOA.
  2. Die Untersuchung der subpopulationsspezifischen Auswirkungen nach Hüfttotalendoprothese (THR).

Material und Methoden: Diese sekundäre Analyse basierte auf drei Datensätzen:

PRÄ: 108 Patienten mit einseitiger HOA vor THR

POST: eine Untergruppe von PRÄ (64 Patienten), 7–25 Monate nach THR

HC: 56 gesunde Kontrollpersonen

Alle Datensätze beinhalteten Gelenkwinkel und -momente aus biomechanischen Mehrkörpermodellierungen basierend auf 3D-Ganganalysedaten. Mittels Hauptkomponentenanalyse wurden Gelenkwinkel- und Gelenkmomentzeitreihen auf 14 Merkmale reduziert. Diese dienten als Grundlage für ein k-means-Clustering zur Identifikation von Subpopulationen innerhalb PRÄ. Zur Klassifikation der Subpopulationen und HC wurden lineare Support Vector Machines verwendet. Die Identifikation relevanter Gelenkwinkel und -momente erfolgte mittels SHapley-Additive Explanations. Ein Gang-Score wurde als Maß für die Gangqualität evaluiert [3]. Die Verbesserung des Gang-Scores wurde mit einem gepaarten t-Test geprüft. Zur Beurteilung der Gangdefizite und postoperativen Verbesserungen wurden die biomechanischen Zeitreihen mit Statistical Parametric Mapping verglichen (PRÄ zu HC – ungepaarter t-Test, PRÄ zu POST – gepaarter t-Test).

Ergebnisse: Drei Subpopulationen wurden innerhalb PRÄ identifiziert, mit signifikant unterschiedlichen Anpassungen in Gangkinematik und Gelenkmomente. Die Klassifikationsraten lagen zwischen 51,4% und 85,2%. Als wichtigste Merkmale für die Klassifikation wurden die Zeitreihen der Hüftflexion und -rotation identifiziert. Zwei Subpopulationen zeigten eine Reduktion der Hüftmomente, eine Subpopulation fiel durch veränderte Kinematik der Hüfte und des Beckens auf. Der Gang-Score verbesserte sich in allen PRÄ Subpopulationen im Vergleich zu POST (p<0.001), was auf eine positive Wirkung der THR hinweist (Tabelle 1 [Tab. 1]). Subpopulation 2 zeigte jedoch nur geringfügige Verbesserungen der Gangbiomechanik. Das Ausmaß der Verbesserung ist also in unterschiedlichen Populationen trotz identischer Intervention variabel.

Tabelle 1

Diskussion und Schlussfolgerung: Diese Studie liefert Einblicke in unterschiedliche Ganganpassungen bei HOA-Patienten sowie subpopulationsspezifische Veränderungen nach THR. Die datenbasierte Identifikation spezifischer Subpopulationen ermöglicht ein detaillierteres Verständnis individueller Ganganpassungen. Dadurch können gezielte Rehabilitationsprogramme entwickelt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patientengruppen zugeschnitten sind.

Danksagung: Diese Arbeit wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt (492686079).


References

[1] Halilaj E, Rajagopal A, Fiterau M, Hicks JL, Hastie TJ, Delp SL. Machine learning in human movement biomechanics: Best practices, common pitfalls, and new opportunities. J Biomech. 2018 Nov 16;81:1-11. DOI: 10.1016/j.jbiomech.2018.09.009
[2] van Drongelen S, Stetter BJ, Böhm H, Stief F, Stein T, Meurer A. Identification of Patients with Similar Gait Compensating Strategies Due to Unilateral Hip Osteoarthritis and the Effect of Total Hip Replacement: A Secondary Analysis. Journal of Clinical Medicine. 2021;10(10):2167. DOI: 10.3390/jcm10102167
[3] Christian J, Kröll J, Strutzenberger G, Alexander N, Ofner M, Schwameder H. Computer aided analysis of gait patterns in patients with acute anterior cruciate ligament injury. Clin Biomech (Bristol). 2016 Mar;33:55-60. DOI: 10.1016/j.clinbiomech.2016.02.008