German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Funktionelle Ergebnisse nach operativer Rekonstruktion von chronischen Strecksehnenrupturen am Kniegelenk mittels Sehnengraft – lohnt sich der Rekonstruktionsversuch?
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Chronische Strecksehnenrupturen mit vorliegender Sehnendefektstrecke sind extrem seltene und zugleich schwerwiegende Verletzungen, die zu ausgeprägten funktionellen Einschränkungen und einem langwierigen Heilungsverlauf führen. Erschwerend finden sich diese Defekte häufig bei einem Patientenklientel, welches durch ihre Komorbiditäten ein erhöhtes Risikoprofil für eine ausbleibende Heilung aufweist. Ziel der Studie war es daher, Ergebnisse nach Rekonstruktion von chronischen Strecksehnenrupturen mit Sehnenaugmentation zu ermitteln um somit den Nutzen dieses technisch anspruchsvollen Verfahrens bei risikobehafteten Patienten aufzuzeigen.
Material und Methoden: Es erfolgte die retrospektive Analyse von Patienten mit operativer Versorgung einer chronischen Strecksehnenruptur mit vorliegendem Sehnendefekt. In allen Fällen erfolgte eine Überbrückung des Defektes mit einer Sehnenaugmentation mit autogenem bzw. allogenem Semitendinosusgraft. Primärer Outcomeparameter war die Erreichung einer vollen Streckfähigkeit des Beines gegen die Schwerkraft, was präoperativ in keinem Fall möglich war. Sekundäre Outcomemaße waren der Lysholm- Score, IKDC, Kujala und Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score (KOOS).
Ergebnisse: Insgesamt konnten somit 14 Patienten (59±14 Jahre bei Unfall) mit insgesamt 16 Sehnenrupturen bzw. Defekten mit einem durchschnittlichen Follow-up von 35 Monaten in die Studie eingeschlossen werden. Der durchschnittliche BMI betrug 36 kg/m2 (25–57 kg/m2). Ein Nikotinabusus bestand bei 5/14 Patienten. In neun Fällen lag eine chronische Patellasehnenruptur und in 7 Fällen eine Quadrizepssehnenruptur vor. Drei Patienten waren weiblich. In 11 von 16 Fällen konnte eine volle aktive Streckfähigkeit des betroffenen Kniegelenkes gegen die Schwerkraft erzielt werden. Der mittlere Lysholm- Score der Patienten betrug 56±28, der IKDC 61±17%, der durchschnittliche KOOS ADL lag bei 64± 25% und der Kujala Score bei 64±22. In drei Fällen konnte die volle Streckfähigkeit nicht erreicht werden bei persistierender Strecksehneninsuffizienz. In einem Fall kam es zu einer postoperativen Wundinfektion, die in der Folge zu einer Gelenkinfektion führte und nach multiplen Revisionen schlussendlich in einer Oberschenkelamputation endete. Ein Patient ist vor dem Follow-up verstorben.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Sehnenaugmentation bei chronischen Strecksehnenrupturen mit begleitendem Substanzdefekt kann in den meisten Fällen die Streckfähigkeit des Kniegelenkes wiederherstellen und eine Verbesserung der präoperativen Funktion mit akzeptablem funktionellem Outcome und Patientenzufriedenheit erzielen. Nichtsdestotrotz sind die Erfolgs- und Komplikationsraten nicht mit den Ergebnissen nach primärer Strecksehnenrekonstruktion vergleichbar.



