German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Von der Theorie in den Einsatz – prähospitales Atemwegsmanagement zwischen Anspruch und Wirklichkeit
2Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Ärzte in Weiterbildung und Fachärzte jeder Fachrichtung können die Zusatzbezeichnung Notfallmedizin erwerben. Dadurch ergibt sich eine heterogene Gruppe an ärztlichem Personal in der prähospitalen Patientenversorgung, deren klinische Ausbildung unterschiedliche Schwerpunkte aufweist. Die S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung formuliert klare Empfehlungen zur prähospitalen Atemwegsicherung. Ziel dieser Studie ist die monozentrische Analyse der leitliniengerechten Indikationsstellung zur prähospitalen Intubation bei Traumapatienten.
Material und Methoden: Es erfolgte die Analyse der klinikeigenen TraumaRegister DGU®-Daten der Jahre 2019–2022. Eingeschlossen wurden alle gemäß den Einschlusskriterien im TraumaRegister DGU® erfassten Patienten, die intubiert und beatmet über den Schockraum (SR) aufgenommen und innerhalb von 24 Stunden extubiert wurden. Die Auswertung erfolgte hinsichtlich des Erfüllens der Intubationskriterien gemäß S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung Version 2016 (S3-LL Polytrauma). Zusätzlich wurde der vorhandene oder angestrebte Facharzt der eingesetzten Notärzte (NA) ausgewertet.
Ergebnisse: 32 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 51 (SD 19,3) Jahren und einem durchschnittlichen ISS von 16 (SD 9,2) wurden identifiziert. In 31% (n=10) der Fälle wurde die Intubation auf Grund einer primär geminderten Vigilanz (GCS <9) indiziert, davon wurde in 33% (n=4) kein SHT dokumentiert. In 6% (n=2) aller Fälle wurde eine Intubation aufgrund einer peripheren Sauerstoffsättigung von <90% durchgeführt. Eine Atemfrequenz von >29/min oder eine persistierende hämodynamische Instabilität mit RR<90 mmHg wurde bei keinem Patienten beobachtet.
In 20 Fällen ließ sich aus der vorliegenden Dokumentation keine Indikation gemäß S3-LL Polytrauma zur prähospitalen Atemwegssicherung ableiten, hier wurde eine allgemeine Vigilanzminderung, starke Schmerzen, eine „Schutzintubation“ oder kein Grund angegeben. In 70% (n=14) dieser Fälle erfolgte die Intubation durch einen NA aus dem Fachbereich Anästhesiologie, in 5% (n=1) durch einen NA aus der Chirurgie und in 25% der Fälle waren keine Informationen zum fachlichen Schwerpunkt des NA verfügbar.
In 65% (n=22) aller Fälle erfolgte der Transport der Patienten durch einen Rettungshubschrauber (RTH), der im Bereich der Studienklinik ausschließlich durch NA aus dem Fachbereich Anästhesie besetzt wurde.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die Therapieentscheidung ist individuell und erlaubt in begründeten Fällen ein Abweichen von der Leitlinie. Trotz der geringen Fallzahl zeigte unsere Analyse, dass nur in 37% der Fälle die Intubation auf Basis von Empfehlungen durch die S3-LL Polytrauma erfolgte. Neben der möglichen unterschiedlichen Indikationsstellung durch NA verschiedener Fachbereiche muss auch ein möglicher Zusammenhang mit dem Transport durch den RTH berücksichtigt werden. Ein Vergleich mit anderen Kliniken ist erforderlich, um die kritische Evaluation der Inkaufnahme einer prähospitalen Intubation weiter zu analysieren und ggf. weitere Intubationskriterien zu formulieren.



