German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Die Behandlung komplexer distaler Humerusfrakturen bei Non-Compliance aufgrund geistiger Behinderung: Fallvergleich mit und ohne Botulinumtoxin
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Die unfallchirurgische Behandlung von Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung ist mit Besonderheiten verbunden. Häufig ist es notwendig, von der etablierten Norm abzuweichen und sehr individuelle Konzepte zu etablieren, um therapeutische Erfolge zu erzielen. In dieser Arbeit soll ein Fallvergleich zweier komplexer distaler Humerusfrakturen vorgestellt werden. Beide Patientinnen wiesen aufgrund ihrer Begleiterkrankungen eine extreme Non-Compliance und Verhaltensstörungen auf.
Material und Methoden: Die Behandlung der Patientinnen erfolgte an einem universitären Haus mit einem Zentrum für Inklusive Medizin in einem interdisziplinären Team.
Patientin 1 (54 Jahre) erlitt bei einem Sturzereignis eine AO 13 A3.3 Fraktur. Es handelt sich um eine Patientin mit schwerer Intelligenzminderung mit der Neigung zu selbstverletzendem Verhalten, fokaler Epilepsie bei tuberöser Sklerose.
Patientin 2 (46 Jahre) erlitt ebenfalls im Rahmen eines Sturzereignisses eine AO 13 C2.2 Fraktur. Es handelt sich um eine Patientin mit paranoider Schizophrenie, dissoziativer Störung, Intelligenzminderung, Benzodiazepinabhängigkeit mit Entzugsanfällen, Adipositas und Hirsutismus.
Ergebnisse: Beide Osteosynthesen wurde vom selben erfahren Unfallchirurgen durchgeführt. In Beiden Fällen wurde die Fraktur mittels Doppelplattenostesynthese versorgt. Bei Pat. 2 war aufgrund des intraartikulären Frakturverlaufes eine Olecranon-Osteotomie erforderlich, welche mittels Zuggurtung versorgt wurde. Bei Patientin 1 (Abbildung 1.1 [Abb. 1]) kam es im frühen postoperativen Verlauf trotz additiver Ruhigstellung in einer Schiene aufgrund extremer Non-Compliance zu einer ausgeprägten Implantatlockerung, die im weiteren Verlauf zur kompletten Implantatentferung und einer Pseudarthrosensituation mit Dauerschienenbehandlung führte.
In Kenntnisse dieses komplikationshaften Verlaufes wurde bei Patientin 2 in Kooperation mit Klinik für Neurologie eine gezielte Injektion von Botulinumtoxin Typ A (BoNT-A) in den Musculus brachii (50 E), Musculus brachioradialis (10 E) und den Musculus triceps brachii (40 E) mit dem Ziel einer temporären Muskelschwächung durchgeführt. Die Kombination aus Botulinumtoxin-Injektion und konsequenter Ruhigstellung des Ellenbogens mittels gespaltenem Oberarmgips konnte die osteosynthestische Rekonstruktion des Ellenbogens effektiv schützen. Es zeigte sich keine sekundäre Dislokation (Abbildung 1.2 [Abb. 1]).
Diskussion und Schlussfolgerung: Für eine erfolgreiche Therapie sind oft unkonventionelle Lösungen und das Ausschöpfen sämtlicher Möglichkeiten wichtig. Dabei ist die stationäre Behandlung langwierig, personalintensiv und häufig nur in spezialisierten Einrichtungen mit spezifisch ausgebildeten Pflegekräften und Therapeuten möglich.




