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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Der verbogene Femurnagel im Rahmen des Polytraumas – ein Fallbericht

Max Hofmann 1,2
Robert Fahr 1,2
Ahmed Elsaghir 1,2
Matthias Kunath 1
Thomas Mückley 1
1Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie, Helios Klinikum Erfurt, Erfurt, Deutschland
2Health and Medical University Erfurt, Erfurt, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Wie lässt sich ein stark deformierter Femurnagel bei einem polytraumatisierten Patienten sicher entfernen? Das Ziel dieser Untersuchung ist die Darstellung eines Fallberichts eines polytraumatisierten Patienten mit erheblich deformiertem Femurnagel und der gewählten chirurgischen Vorgehensweise zur Entfernung.

Material und Methoden: Case Report. Die schriftliche Einwilligung des Patienten zur Veröffentlichung wurde eingeholt.

Ergebnisse: Nach einem Motorradsturz wurde ein junger Mann mit schweren Verletzungen beider unteren Extremitäten in unser überregionales Traumazentrum eingeliefert. Die initiale CT-Untersuchung im Schockraum zeigte eine traumatische, ca. 90°-Varusdeformität des rechten Oberschenkels bei einliegendem antegraden Femurnagel (Abbildung 1 [Abb. 1]). Zusätzlich wies der Patient eine ipsilaterale periimplantäre Destruktion des femoralen Kondylenmassivs, einen knöchernen Ausriss des rechten hinteren Kreuzbandes (HKB), eine kontralaterale Femurschaftfraktur, sowie multiple Weichteilverletzungen auf. Nach Verabreichung von Gerinnungsprodukten wurde der Patient im Rahmen des Damage-Control-Ansatzes zunächst mit einem Fixateur externe (FE) auf der kontralateralen Seite stabilisiert. Anschließend wurde rechts der deformierte Femurnagel im Schaftbereich über einen lateralen femoralen Zugang mithilfe einer Metallfräse durchtrennt und nach Begradigung des rechten Beins ein kniegelenksübergreifender FE angebracht.

Abbildung 1: Verletzungsmuster nach Durchführung des CTs im Schockraum.
Ganzkörper-CT-Scout und 3D-Rekonstruktion der unteren Extremität bei anliegendem Beckengurt. Zur Wahrung der Privatsphäre wurde die Genitalregion unkenntlich gemacht.

Am 4. Tag nach Unfallereignis (TnU) wurde die Marknagelosteosynthese des kontralateralen Femurs durchgeführt.

Am 7. TnU erfolgte die Entfernung des stark deformierten Femurnagels. Nach Extraktion der distalen Verriegelungsschrauben wurde das distale Nagelteil durch den vorbestehenden lateralen Zugang mittels Extraktionshaken, Universalstange und Zangen entfernt. Die Entfernung des proximalen Nagelabschnitts erfolgte nach Schwächung der verbogenen proximalen Verriegelungsschraube. Im Anschluss erfolgte die Wiederanlage des FE.

Am 11. TnU konnte die rechte Femurkondyle mittels einer lateralen 9-Loch LISS-Platte über einen anterolateralen Zugang rekonstruiert werden. Ein antegrader Femurnagel wurde zur Stabilisierung der Schaftfraktur eingebracht. Zuletzt erfolgte die mediale Abstützung der Femurkondyle mittels 4,5-LCP über einen anteromedialen Zugang. Am 17. TnU wurde die offene Fixation des (HKB) mittels Schraubenosteosynthese und Nahtanker durchgeführt. Der Patient konnte am 23. TnU in die ambulante Weiterbehandlung und Rehabilitationsmaßnahme entlassen werden. 148 Tage nach dem Unfall konnte der Patient mit der Wiedereingliederung beginnen und erreichte zwei Wochen später die volle Arbeitsfähigkeit.

Diskussion und Schlussfolgerung: Nach Sichtung der Literatur handelt es sich um die bisher größte dokumentierte traumatische Angulation eines mit einem Femurnagel stabilisierten Oberschenkels. Der Fall betont die Bedeutung der Damage-Control-Surgery im Rahmen des Polytraumas mit frühzeitiger Stabilisierung und schrittweiser Rekonstruktion und erweitert die Literatur zu stark verbogenen Femurnägeln als mögliche Referenz für vergleichbare chirurgische Herausforderungen.