65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie
65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie
Warum ich (noch?) auf Nerventranspositionen zur Funktionsrekonstruktion der Hand bei Tetraplegie verzichte
Text
Verfahren zur operativen Rekonstruktion der Handfunktion bei Tetraplegie haben in den letzten Jahrzehnten schrittweise Verbesserungen erfahren. Die anfangs mehrphasige Verfahrensweise der siebziger Jahre wurde durch teilweise standardisierte Operationen in einem Eingriff ersetzt. Die zunächst regelhaft durchgeführte Sattelgelenksversteifung wurde später in vielen Fällen durch kombinierte Tenodesen unnötig. Hierdurch gelang eine nachweisbare Optimierung der Öffnungsfunktion und Zufriedenheit. Die nun aus der Therapie peripherer Nervenläsionen übertragene Technik der Nerventransfers ermöglicht die Reinnervation einzelner Muskeln, allerdings mit dem Nachteil der unsicheren Vorhersagemöglichkeit und der langen Latenz bis zur Reinnervation. Aussagen einzelner Arbeitsgruppen hierzu unterscheiden sich in Hinblick auf Indikation, Zeitpunkt und Technik erheblich.
Die Ergebnisse kombinierter Eingriffe mit Sehnen- und Muskeltransfers sind zuverlässig. Eigene Untersuchungen der Patienten im langfristigen Verlauf bestätigen die hohe Sicherheit bei der Rekonstruktion nutzbarer und verlässlicher Greifformen. Diese werden innerhalb von Wochen bis wenigen Monaten erreicht. Dabei spielt auch die Öffnungsfunktion der Hand eine wesentliche Rolle, wenngleich sie ein passiver Effekt im Sinne einer Tenodese ist.
Nachuntersuchungen der Nerventransfers mit geringer Fallzahl zeigen nun zwar eine aktive Öffnungsfunktion. Der zusätzliche Nutzen für die Handfunktion ist aber bisher nicht nachgewiesen. Die sinnvolle zeitliche Abfolge bei Kombination von Sehnentransfers und Nerventransfers bleibt unklar, zumal die Nerventransfers durch die lange Latenzphase bis zur evtl. beginnenden Innervation gekennzeichnet sind und die Interaktion mit der zugrundeliegenden Funktionshand vom physiologischen Standpunkt aus problematisch werden kann.
Daher wurden beide Verfahren nun einander gegenübergestellt und sinnvolle Möglichkeiten der Kombination erwogen. Dabei wurden die bisher publizierten Ergebnisse der Nerventransfers dargestellt und mit den eigenen Resultaten der konventionellen Transfers verglichen. Bisher ist eine wegweisende Verbesserung der funktionellen Ergebnisse durch additive oder alleinige Nerventransfers mit vergleichbarer Sicherheit nicht nachzuweisen.
Aus diesem Grund verzichten die Autoren derzeit auf kombinierte Verfahren mit Nerventransfers und Eingriffen an den Sehnen zur Rekonstruktion der Handfunktion.



