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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Transfer direkt isolierter, allogener, virusspezifischer T-Zellen bei autoimmun-immunsuppressiv assoziierter progressiver multifokaler Leukenzephalopathie

Lea Grote-Levi 1
Nora Möhn 1
Sandra Nay 1
Konstantin F. Jendretzky 1
Mieke Luise Saßmann 1
Kevin Karacondi 1
Melanie Zent 1
Agnes Bonifacius 2
Sabine Tischer-Zimmermann 2
Günter U. Höglinger 1,3
Britta Maecker-Kolhoff 4
Britta Eiz-Vesper 2
Thomas Skripuletz 1
1Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie, Hannover
2Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Transfusionsmedizin und Transplantat Engineering, Hannover
3Ludwig-Maximilians-Universtität München, Neurologische Klinik und Poliklinik LMU Klinikum Campus Großhadern, München
4Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Hannover

Text

Einleitung: Immunsuppressive Therapeutika wie Prednisolon, Dimethylfumarat oder Methotrexat werden bei einer Vielzahl von Patient:innen mit autoimmunen Erkrankungen wie beispielsweise der rheumatoiden Arthritis oder der Psoriasis vulgaris eingesetzt. Diese Systemtherapien verbessern den klinischen Outcome der Patient:innen, bergen jedoch ein erhöhtes Risikoprofil hinsichtlich opportunistischer Infektionen [1], [2], [3]. Eine opportunistische Infektion des zentralen Nervensystems stellt die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) dar. Sie wird durch das JC Virus (JCV, ebenfalls bekannt als Humanes Polyomavirus 2, HPyV-2) ausgelöst, führt zu einer lytischen Destruktion primär der Oligodendrozyten und betrifft insbesondere Patient:innen mit einem kompromittierten zellulären Immunsystem. Aktuell steht keine zugelassen antivirale Therapie zur Behandlung der PML zur Verfügung [3]. Ein neues innovatives Behandlungskonzept stellt der Transfer direkt isolierter, allogener virus-spezifischer (DIAVIS) T-Zellen gerichtet gegen JCV oder gerichtete gegen das artverwandte Polyomavirus BK Virus (BKV) dar.

Methoden: Beschreibung einer Fallserie von 11 Patient:innen mit autoimmunen Grunderkrankungen und unterschiedlichen verlaufsmodifizierenden Therapien. Bei neu diagnostizierter PML, welche in allen Fällen trotz Beendigung der Immunsuppression progredient war, erhielten die Betroffenen eine DIAVIS T-Zell-Therapie gerichtet gegen JCV oder BKV.

Ergebnisse: Von den elf Patient:innen litten drei an einer Sarkoidose, zwei an einer rheumatoiden Arthritis, zwei an einer Psoriasis vulgaris und jeweils eine Person unter einer Mixed Connective Tissue Disease, an einer Granulomatose mit Polyangiitis sowie an einer Kombination aus einem allgemeinen variablen Immundefekt (common variable immunodeficiency, CVID) und rheumatoider Arthritis. Die PML-Diagnosestellung erfolgte bei 8 von 11 (72%) Personen über den liquoranalytischen Nachweis von JCV; bei den verblieben drei Patient:innen erfolgte eine hirnbioptische Sicherung. Die jeweilige immunsupprimierende Therapie wurde nach Diagnosestellung beendet oder, im Falle einer Prednisolon-Einnahme, auf die minimal mögliche Dosis reduziert.

Bei progredienter PML erfolgten jeweils drei Gaben einer BKV-spezifischen (8/10) oder JCV-spezifischen (2/10) DIAVIS-T-Zell-Therapie. Bei einer Person erfolgte nach initialer BKV-spezifischer T-Zell-Therapie und persistierender Verschlechterung ein zweiter Zyklus einer JCV-spezifischen T-Zell-Therapie von einem anderen Fremdspender.

Bei den Behandelten kam es zu einem Therapieansprechen mit Stabilisierung (7/11) oder sogar Verbesserung (4/11) der neurologischen Symptome (Verlaufsbeobachtung median 356 Tage (Interquartilsabstand 191–369) nach Therapiestart).

Schlussfolgerung: Der Transfer direkt isolierter, allogener, virus­spezifischer T-Zellen führte bei den meisten Patient:innen mit PML, die im Rahmen einer autoimmunen Erkrankung mit medikamentöser Immunsuppression auftrat, zu einem Krankheitsstillstand. Damit stellt diese Therapie einen innovativen Ansatz zur erfolgreichen Behandlung dieser Erkrankung dar.


Literatur

[1] Nast A, Altenburg A, Augustin M, Boehncke WH, Härle P, Klaus J, Koza J, Mrowietz U, Ockenfels HM, Philipp S, Reich K, Rosenbach T, Schlaeger M, Schmid-Ott G, Sebastian M, von Kiedrowski R, Weberschock T, Dressler C. Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm - Teil 2: Therapiemonitoring, besondere klinische Situationen und Komorbidität. J Dtsch Dermatol Ges. 2021 Jul;19(7):1092-117. DOI: 10.1111/ddg.14507_g
[2] Nast A, Altenburg A, Augustin M, Boehncke WH, Härle P, Klaus J, Koza J, Mrowietz U, Ockenfels HM, Philipp S, Reich K, Rosenbach T, Schlaeger M, Schmid-Ott G, Sebastian M, von Kiedrowski R, Weberschock T, Dressler C. Deutsche S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris, adaptiert von EuroGuiDerm - Teil 1: Therapieziele und Therapieempfehlungen. J Dtsch Dermatol Ges. 2021 Jun;19(6):934-51. German. DOI: 10.1111/ddg.14508_g
[3] DGRh Leitlinien (federführend). [Online abgerufen 24.03.2025].
[4] Cortese I, Reich DS, Nath A. Progressive multifocal leukoencephalopathy and the spectrum of JC virus-related disease. Nat Rev Neurol. 2021 Jan;17(1):37-51. DOI: 10.1038/s41582-020-00427-y