Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Sicca-Diagnostik bei chronischer Fatigue Symptomatik
2Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
3Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
4Klinik für Rheumatologie und Immunologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
Text
Einleitung: Die schwere Form der chronischen Erschöpfung wird auch als chronische Fatigue Symptomatik (CFS) bezeichnet. Als Auslöser eines CFS kommen insbesondere virale Infektionen aber auch andere Ursachen in Betracht. Typische Symptome sind eine verminderte körperliche und psychische Belastbarkeit, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen. Eine Herausforderung der Diagnosestellung besteht in einem Mangel an spezifischen Biomarkern, so dass die klinische Diagnostik und der Ausschluss relevanter Differentialdiagnosen von großer Bedeutung ist [1]. Für CFS konnte gezeigt werden, dass verschiedene Komorbiditäten eine Rolle spielen. In einer großen Kohortenstudie zeigte sich eine subjektive Sicca-Symptomatik bei 79% der CFS-Patient*innen [2]. Die Prävalenz der objektiven Sicca-Symptomatik und der Einfluss einer potentiell relevanten Begleitmedikation (Betablocker, Diuretika, Antidepressiva) auf die Symptomatik bei Fatigue-Patient*innen wurde bislang nicht untersucht.
Methoden: Eine Kohorte von n=134 Patient*innen mit Fatigue Symptomatik unterschiedlicher Genese und Schwere wurde mittels standardisierter Fragebögen, Medikamentenanamnese, Laboruntersuchungen und Saxon-Schirmer-Test untersucht.
Ergebnisse: 67,9% der Patient*innen berichten über eine subjektive Sicca-Symptomatik (Augentrockenheit, Augenrötung, Sandkorngefühl in den Augen oder Mundtrockenheit), davon haben 56,7% eine okuläre Sicca-Symptomatik und 37,3% eine orale Sicca-Symptomatik. 28,4% der Patient*innen in der Gesamtkohorte erhält eine relevante Begleitmedikation, die potentiell Einfluss auf die Symptomatik hat. Es zeigt sich, dass die okuläre subjektive Sicca-Symptomatik von der Medikation unbeeinflusst bleibt (55% mit Medikation vs. 57% ohne Medikation), wohingegen der Anteil der Patient*innen mit oraler subjektiver Sicca-Symptomatik bei Einnahme einer potentiell relevanten Medikation erhöht ist (47% mit Medikation vs. 33% ohne Medikation).
Die Auswertung der Saxon-Schirmer Tests in unserer Kohorte zeigt, dass 56,0% der Patient*innen einen auffälligen Saxon Schirmer Test aufweisen, hiervon zeigen 43,3% eine okuläre objektive Sicca-Symptomatik und 20,9% eine orale objektive Sicca-Symptomatik. Von den Patient*innen, die eine potentiell relevante Medikation einnehmen, zeigen 73,7% eine objektive Sicca-Symptomatik, bei den Patient*innen ohne Medikation sind es lediglich 49%. Die Unterschiede bestehen sowohl im Saxon- als auch im Schirmer Test.
Schlussfolgerung: Es besteht eine hohe Prävalenz einer subjektiven und objektiven Sicca-Symptomatik bei Fatigue- Patient*innen. Hierbei zeigt sich ein relevanter Einfluss der potentiell relevanten Begleitmedikation auf die Ergebnisse des Saxon-Schirmer Tests und auf die subjektive Mundtrockenheit, nicht jedoch auf die subjektive Augentrockenheit. Die klinische Relevanz der Sicca-Symptomatik sollte in weiteren Studien untersucht werden.
References
[1] Nacul L, Authier FJ, Scheibenbogen C, Lorusso L, Helland IB, Martin JA, Sirbu CA, Mengshoel AM, Polo O, Behrends U, Nielsen H, Grabowski P, Sekulic S, Sepulveda N, Estévez-López F, Zalewski P, Pheby DFH, Castro-Marrero J, Sakkas GK, Capelli E, Brundsdlund I, Cullinan J, Krumina A, Bergquist J, Murovska M, Vermuelen RCW, Lacerda EM. European Network on Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (EUROMENE): Expert Consensus on the Diagnosis, Service Provision, and Care of People with ME/CFS in Europe. Medicina (Kaunas). 2021 May 19;57(5):510. DOI: 10.3390/medicina57050510[2] Castro-Marrero J, Faro M, Aliste L, Sáez-Francàs N, Calvo N, Martínez-Martínez A, de Sevilla TF, Alegre J. Comorbidity in Chronic Fatigue Syndrome/Myalgic Encephalomyelitis: A Nationwide Population-Based Cohort Study. Psychosomatics. 2017 Sep-Oct;58(5):533-43. DOI: 10.1016/j.psym.2017.04.010