70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.
70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.
Berechenbarkeit von kardiovaskulären Risikoscores aus Routinedaten – ein Kooperationsprojekt von ACRIBiS und EVA4MII
2Institute for medical Data Sciences, University Hospital Würzburg, Würzburg, Germany
3Department Clinical Research & Epidemiology, Comprehensive Heart Failure Center Würzburg and Department of Internal Medicine I, University Hospital Würzburg, Würzburg, Germany
4Service Center Medical for Informatics, Würzburg University Hospital, Würzburg, Germany
5Peter L. Reichertz Institute for Medical Informatics of TU Braunschweig and Hannover Medical School, Hannover, Germany
6Technical University of Munich, TUM School of Medicine and Health, Institute for AI and Informatics in Medicine (AIIM), TUM University Hospital, München, Germany
7Technical University of Munich, TUM School of Medicine and Health, Data Integration Center, TUM University Hospital, München, Germany
8Staff Unit for Medical & Scientific Technology Development & Coordination (MWTek), University Hospital Bonn, Bonn, Germany
9Department of Medical Information Systems, Heidelberg University Hospital, Heidelberg, Germany
10Department of Medical Informatics, Medical Data Integration Center, University Medical Center Göttingen, Göttingen, Germany
11Department of Medical Informatics, University Medical Center Göttingen (UMG), Göttingen, Germany
12Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I, University Hospital, Technical University of Munich, TUM School of Medicine and Health, Munich, Munich, Germany
13Klaus Tschira Institute for Integrative Computational CardiologyDepartment of Internal Medicine IIIUniversity Hospital Heidelberg, Heidelberg, Germany
14German Center for Cardiovascular Research (DZHK), Internal Medicine III, Partner Site Heidelberg/Mannheim, Heidelberg, Germany
15Institute of Medical Statistics, Computer and Data Sciences, Jena University & Jena University Hospital, Jena, Germany
16Institute of Medical Biometry and Statistics, Faculty of Medicine and Medical Center, University of Freiburg, Freiburg, Germany
17Freiburg Center for Data Analysis, Modeling and AI, University of Freiburg, Freiburg, Germany
18Department of Cardiology and Angiology, Hannover Medical School, Hannover, Germany
19Applied Mathematical Physiology (AMP) Lab, Department of Anesthesiology and Intensive Care Medicine, University Hospital Bonn, Bonn, Germany
20Applied Medical Informatics (AMI) Lab, Institute for Medical Biometry, Informatics and Epidemiology, University of Bonn, Bonn, Germany
Text
Einleitung: Das Modul-3-Projekt der Medizininformatik-Initiative (MII) ACRIBiS (Advancing Cardiovascular Risk Identification with Structured Clinical Documentation and Biosignal Derived Phenotypes Synthesis) strebt die Verbesserung der Risikostratifizierung bei Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) im Rahmen der Routineversorgung an. Dafür werden standardisierte Anamnese-Tools implementiert, welche die Berechnung von etablierten, kardiovaskulären Risikoscores in der klinischen Routine ermöglichen. Die vorliegende Machbarkeitsanalyse untersucht die Berechenbarkeit von ausgewählten kardiovaskulären Risikoscores, bei artheroskleroterischer HKE (SMART), Herzinsuffizienz (MAGGIC) sowie Vorhofflimmern (CHA2DS2VASc) aus Daten der klinischen Routineversorgung vor der Implementierung der Anamnese Tools.
Methodik: In Kooperation mit dem MII-Modul-2b-Projekt EVA4MII (Evaluation Research based on Routine Clinical Dare data 4 the Medical Informatics Initiative) wurde die Nutzung der Routinedaten von HKE-Patientinnen und -patienten der sechs beteiligten Universitätsklinika (Bonn, Göttingen, Hannover, Heidelberg, München, Würzburg) aus dem Jahr 2024 über das Forschungsdatenportal für Gesundheit (FDPG) beantragt. Für diese Daten wurde eine verteilte Analyse entwickelt, um das Vorliegen der Variablen zur Beurteilung der Score-Eignung der Patientinnen und Patienten sowie zur Berechnung der Scores zu überprüfen. Für die Datenformatierung und -auswertung wurde das R-Paket fhircrackr [1], [2] verwendet.
Ergebnisse: Es standen Daten von 13.158 Patientinnen und Patienten am Standort Würzburg zur Verfügung. Von diesen hatten 31,4% eine Herzinsuffizienz, 32,8% Vorhofflimmern und 47,0% eine andere HKE.
Die Eignungskriterien aller drei Risikoscores ließen sich durch Elemente aus der Routineversorgung abbilden. Von den Patientinnen und Patienten mit der entsprechenden Grunderkrankung erfüllten jeweils 64,1% (SMART), 89,8% (CHA2DS2VASc) und 31,4% (MAGGIC) die Ein- und Ausschlusskriterien der Scores.
Für den CHA2DS2VASc-Score lagen alle Parameter zur Score-Berechnung bei den geeigneten Patientinnen und Patienten vor. Für die Berechnung des SMART-Scores und des MAGGIC-Scores fehlten Informationen zu Blutdruck, Raucherstatus (beide) und BMI (MAGGIC).
Die Werte der numerischen Variablen waren plausibel, jedoch ist aufgrund der Datenherkunft die Prüfung der Daten im Abgleich mit der Original-Dokumentation in diesem Projekt nicht möglich.
Die Ergebnisse werden perspektivisch mit Eingang der Daten der weiteren beteiligten Standorte (Bonn, Göttingen, Hannover, Heidelberg, München) ergänzt.
Diskussion: Ein Großteil der Variablen, die für die Berechnung kardiovaskulärer Risikoscores benötigt werden, lässt sich am Pilotstandort Würzburg erfolgreich ausleiten. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass noch nicht alle Variablen, die für die Berechnung der drei kardiovaskulären Risiko-Scores benötigt werden, verfügbar sind. Diese Daten werden zwar meist erhoben, müssen jedoch noch durch entsprechende Ausleitungsprozesse für die Forschung verfügbar gemacht werden.
Bei der Auswertung der klinischen Routinedaten ist außerdem zu beachten, dass bei fehlenden Werten die Einteilung in „nicht vorhanden“ (erhoben und negativ) oder „nicht erhoben“ häufig nicht eindeutig möglich ist. Somit kann das Vorliegen von Score-relevanten Parametern, ohne eine umfassende Abfrage der Parameter in der Routineversorgung, nicht endgültig bewertet werden.
Schlussfolgerung: Aktuell ist die Berechnung basierend auf Routinedaten noch nicht für alle untersuchten Scores am Pilotstandort Würzburg möglich. Es bedarf daher einer Ausweitung und Harmonisierung der klinischen Dokumentation sowie der entsprechenden Datenausleitungswege. Das ACRIBiS-Projekt strebt, als Teil der MII, solch eine Entwicklung im kardiovaskulären Bereich an. Zukünftig stünde so eine umfassende Dokumentation relevanter Informationen für alle kardiovaskulären Patientinnen und Patienten, mit der Möglichkeit für eine effiziente Risikoscore-Berechnung, zur Verfügung.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Der Beitrag wurde bereits publiziert: Vorstellung der Würzburger Ergebnisse beim MII Symposium 2024: https://www.medizininformatik-initiative.de/sites/default/files/2025-01/MII-Symposium_2024_Guenther.pdf
References
[1] Peschel T, Palm J, Przybilla J, Meineke F. fhircrackr: Handling HL7 FHIR® Resources in R. R package version 2.2.0. Available from: https://CRAN.R-project.org/package=fhircrackr[2] Palm J, Meineke F, Przybilla J, Peschel T. 'fhircrackr': An R Package Unlocking Fast Healthcare Interoperability Resources for Statistical Analysis. Applied Clinical Informatics. 2023;14(01):54-64. DOI: 10.1055/s-0042-1760436



