Logo

German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Biomechanik nahtbehandelter medialer Meniskusrisse unter dynamischer Belastung: Implikationen für die postoperative Rehabilitation

Jonas Schwer 1
Matthias Sukopp 1
Jonathan Wohlt 1
Jonas Metzger 1
Luisa de Roy 1
Anita Ignatius 1
Thomas Kappe 2
Andreas Martin Seitz 1
1Universitätsklinikum Ulm, Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Deutschland
2Klinik für Orthopädie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Meniskusrisse beeinträchtigen den tibiofemoralen Kontaktmechanismus und stellen einen Risikofaktor für die posttraumatische Kniegelenksarthrose dar. Aufgrund des Paradigmenwechsels hin zu meniskuserhaltenden Behandlungen ist die arthroskopische Nahtrekonstruktion die bevorzugte Therapie. Allerdings besteht Uneinigkeit über das optimale postoperative Rehabilitationsprotokoll, insbesondere hinsichtlich der Einschränkung des Bewegungsumfangs und der Belastungsintensität. Eine erhöhte Rissaufweitung (Gapping) in der frühen Heilungsphase könnte die Meniskusheilung beeinträchtigen. Ziel dieser ex-vivo Studie war es, die tibiofemorale Kontaktmechanik sowie das Gapping-Verhalten von Radiär- und Längsrissen des medialen Meniskus unter alltags- und rehabilitationsrelevanten Bewegungen zu untersuchen.

Material und Methoden: 31 intakte humane Kniepräparate (Ethikvotum: 326/19) wurden in drei Meniskusrissgruppen eingeteilt: Radiärriss (RR, n = 13), Longitudinalriss (LR, n = 8) und Korbhenkelriss (KHR, n = 10). Die biomechanischen Untersuchungen erfolgten in einem etablierten dynamischen Kniegelenksimulator (Abbildung 1 [Abb. 1]). Sechs Bewegungsabläufe wurden simuliert: vier alltagsrelevante Bewegungen (Gehen, Gehen mit 15° Sprunggelenksrotation, Hinsetzen, Aufstehen) sowie zwei rehabilitationsbezogene Belastungsszenarien mit Unterarmgehstützen (UAG, vier-Punkt-Gang mit 30% bzw. 50% Körpergewicht). Die Tests erfolgten in intaktem, gerissenem und genähtem Zustand. Das Gapping-Verhalten wurde mittels Röntgen-Stereophotogrammetrie erfasst, die Kniekinematik mittels Motion Tracking und die tibiofemorale Kontaktmechanik mittels drucksensitiver Folien analysiert. Die statistische Analysen wurden mit GraphPad durchgeführt (p < 0,05 signifikant).

Abbildung 1

Ergebnisse: Der RR zeigte das höchste Gapping von bis zu 2,58 mm bei tiefer Beugung (Hinsetzen, Tabelle 1 [Tab. 1]) während der LR und der KHR eine negative Gapping-Tendenz (Tabelle 2 [Tab. 2]) von bis zu -1,52 mm (Hinsetzen) aufwiesen. Die Nahtrekonstruktion von RR reduzierte das Gapping signifikant (p ≤ 0,047). Die tibiofemorale Kontaktfläche war in der RR-Gruppe um bis zu 25% reduziert (intakt vs. gerissen), während sich der Kontaktdruck nicht unterschied. Die tibiale Rotation erreichte maximal 14° (RT, Hinsetzen), zeigte jedoch keine Unterschiede zwischen den Rissarten oder Rekonstruktionszuständen.

Tabelle 1

Tabelle 2

Diskussion und Schlussfolgerung: Diese Studie analysierte erstmals die biomechanischen Auswirkungen von medialen Meniskusrissen und deren Nahtrekonstruktion unter physiologischer Muskelsimulation. Die Hauptergebnisse zeigten, dass instabile RR kritische Gapping-Werte während tiefer Flexionsbewegungen aufwiesen, während die Nahtrekonstruktion das Gapping auf ein sicheres Niveau reduzierte. Weder der LR noch der KHR beeinflussten die tibiofemorale Kontaktmechanik, während der RR eine leichte Reduktion der Kontaktfläche zeigte. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der LR und der KHR eine uneingeschränkte Rehabilitation ermöglichen, während der RR eine vorsichtigere Belastungssteigerung mit Teilbelastung erfordert, um die Nahtstabilität (< 1,5 mm) zu gewährleisten. Als Limitation muss die fehlende biologische Heilung im ex vivo Modell erwähnt werden. Insgesamt liefern unsere Ergebnisse eine Basis für rissspezifische Rehabilitationsprotokolle zur Optimierung der postoperativen Belastungsempfehlungen.