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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Thromboembolische Ereignisse bei Beckenring- und Acetabulumfrakturen mit erweiterter Thromboseprophylaxe – eine prospektive Kohortenstudie

Carolina Vogel 1
Alexandra Goebel 1
Elias Zimmermann 1
Mika Rollmann 1
Tina Histing 1
Steven Herath 1
Markus Küper 1
1Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an der Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Klinik Tübingen, Tübingen, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Beckenring- und Acetabulumfrakturen (pelvic and acetabular fractures, PAF) gehen insbesondere bei geriatrischen PatientInnen (Pat.) mit einer erhöhten Mortalität einher. Zu den schwerwiegenden Komplikationen bei PAF gehören thromboembolische Ereignisse wie tiefe Beinvenenthrombosen (TBVT) und Lungenarterienembolien (LAE). In der Literatur wird je nach Schwere der Fraktur eine Inzidenz von bis zu 37-47% trotz Thromboseprophylaxe angegeben. Für diese Frakturen existieren bislang keine spezifischen Handlungsempfehlungen zur medikamentösen Thromboseprophylaxe. Daher erfolgt diese analog zu hüftgelenknahen Frakturen, obwohl deren thromboembolisches Risiko mit ca. 20% deutlich niedriger liegt.

Ziel dieser Studie war die Erfassung der Inzidenz thromboembolische Ereignisse bei PAF mittels farbcodierter Duplexsonografie, die Identifikation relevanter Risikofaktoren sowie Blutungskomplikationen unter (erweiterter) prophylaktischer Antikoagulation.

Material und Methoden: Prospektive Kohortenstudie in einem Zentrum für Becken- und Acetabulumchirurgie an einem überregionalen Traumazentrum in Deutschland vom 01.01.–31.12.2024. Eingeschlossen wurden volljährige Pat. mit einer konservativ oder operativ behandelten Beckenringfraktur (BF) und/oder Acetabulumfraktur (AF) sowie schriftlicher Einverständniserklärung. Ausschlusskriterien waren pathologische Frakturen, Thrombophilie und Demenz. Die konservativ behandelten Pat. erhielten ein Screening auf TBVT bei Aufnahme und vom 3.–6. stationären Tag, die operativ behandelten Pat. erhielten bei Aufnahme sowie am 2.–5. postoperativen Tag ein Screening auf TBVT. Alle Pat. erhielten entweder nach Hausstandard eine erweiterte Thromboseprophylaxe (EP) mit Enoxaparin 40 mg 2x täglich oder eine individuelle Thromboseprophylaxe (IP), z.B. Dalteparin, orale Antikoagulantien etc. Zusätzlich wurden Basisdaten, Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse sowie allgemeine und hämorrhagische Komplikationen erhoben.

Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 111 Pat. (57,7% (64/111) weiblich, 42,3% (47/111) männlich, ø67,58 Jahre [18–92]), von denen 60,4% (67/111) eine BF, 34,2% (38/111) eine AF und 5,4% (6/111) eine Kombinationsverletzung aufwiesen. Insgesamt wurden 59,5% (66/111) operativ behandelt (34,4% (23/67) PF, 97,4% (37/38) AF, 100% (6/6) Kombination), 40,5% (45/111) wurden konservativ therapiert.

78,4% (87/111) der Pat. erhielten eine erweiterte Prophylaxe (EP) mit Enoxaparin 40 mg zweimal täglich, während 21,6% (24/111) eine individuelle Thromboseprophylaxe (IP) erhielten. Thromboembolische Ereignisse traten insgesamt bei 9,0 % (10/111) der Pat. auf (EP: 8,0 % (7/87), IP: 12,5 % (3/24), Abbildung 1 [Fig. 1]). Insgesamt kam es bei zwei Pat. postoperativ zu einer Blutungskomplikationen im Sinne eines postoperativen Hämatoms (1,8% (2/111); EP-Gruppe), die eine operative Revision erforderten.

Abbildung 1: Thromboembolische Ereignisse bei Beckenring- und Acetabulumfrakturen mit individueller und erweiterter Thromboseprophylaxe

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Inzidenz thromboembolischer Ereignisse ist in diesem Kollektiv niedriger als in der Literatur beschrieben. Zukünftige Studien sollten den Einsatz der erweiterten Thromboseprophylaxe in einem kontrollierten, randomisierten Setting untersuchen, um evidenzbasierte Empfehlungen zur Optimierung der Thromboseprophylaxe bei PAF zu ermöglichen.