German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Komplikationsrate bei operativer Entfernung von Osteosynthesematerial am Becken
2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Nach der osteosynthetischen Stabilisierung von Beckenring- und Acetabulumfrakturen kann in einigen Fällen (in der Literatur in bis zu 44% der Fälle beschrieben) die operative Entfernung des Osteosynthesematerials aus verschiedenen Indikationen notwendig werden: Störend einliegendes Osteosynthesematerial, periimplantäre Infektionen oder Vorbereitung zur Implantation einer Hüftendoprothese. Während die Komplikationsrate, z.B. für Verletzungen von Gefäßen, Nerven und urogenitalen Strukturen sowie Wundheilungsstörungen und Infektionen, im Rahmen der primären Stabilisierungsoperation bereits gut untersucht ist, fehlt bisher eine umfassende Analyse des Komplikationsrisikos bei der operativen Entfernung von Osteosynthesematerialien am Becken. Das Ziel war daher die wissenschaftliche Aufarbeitung des Komplikationsrisikos bei pelvinen Materialentfernungen.
Material und Methoden: Es erfolgte die retrospektive Auswertung von Patienten, die zwischen 01/2013 und 12/2023 eine offen operative Entfernung von Osteosynthesematerial am Becken an einem überregionalen Traumazentrum erhielten (Level of Evidence: D; IV). Die perkutane Entfernung von ISG-Schrauben wurde ausgeschlossen. Untersucht wurde das Risiko für das Auftreten von verfahrens-assoziierten Komplikationen bei pelvinen Materialentfernungen insgesamt und für spezifische Komplikationen. Zudem wurde das Komplikationsrisiko in Abhängigkeit des Operationszugangs, der Art der entfernten Osteosynthese und der Indikation für die Materialentfernung mittels Chi-Quadrat Test analysiert.
Ergebnisse: Es konnten insgesamt 154 Patienten mit einer offen operativen Entfernung von Osteosynthesematerial am Becken eingeschlossen werden. Es kam bei insgesamt 34,4% der Patienten (53 Fälle) zu einer oder mehrerer Komplikationen während der Materialentfernung. Von den insgesamt 72 aufgetretenen Komplikationen waren 17 intraoperative Blutverluste mit Transfusionsnotwendigkeit, 12 postoperative Anämien mit Transfusionsnotwendigkeit, 10 Nervenaffektionen, 9 Gefäßverletzungen, 8 postoperative Infektionen, 6 Hämatome/Serome, 3 Blasenverletzungen, 3 Wundheilungsstörungen, 3 Beinvenenthrombosen und 1 intraoperativer Myokardinfarkt. Die Komplikationsrate in Abhängigkeit des Operationszugangs, der Art des entfernten Osteosynthesematerials und der Indikation für die Materialentfernung ist in Tabelle 1 [Tab. 1] dargestellt.
Tabelle 1: Komplikationsrate bei operativer Entfernung von Osteosynthesematerial am Becken in Abhängigkeit von Operationszugang, Art des Osteosynthesematerials und Indikation für die Materialentfernung.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die operative Entfernung von Osteosynthesematerial am Becken geht mit einem hohen Risiko für verfahrensassoziierte Komplikationen einher, insbesondere bei Materialentfernungen über den ilioinguinalen Zugang und bei Entfernung von Platten am vorderen Beckenring/Acetabulumpfeiler. Die Indikation zur Materialentfernung am Becken sollte daher individuell sehr kritisch abgewogen werden. Zudem sollten Beckenchirurgen vor diesem Hintergrund bereits bei der Implantation den Einsatz besonders langer bzw. ausgedehnter Plattenrekonstruktionen kritisch überdenken.



