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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Multizentrische Entwicklung und Validierung eines vollautomatisierten KI-Systems zur Planung medial öffnender hoher tibialer Osteotomien an anterior-posterioren Ganzbein-Röntgenaufnahmen

Marco-Christopher Rupp 1
Claudio von Schacky 2
Felix Lindner 1
Matthias Feucht 3
Yannick Ehmann 1
Lorenz Fritsch 1
Florian Hinterwimmer 4
Matthias Jung 5
Rainer Burgkart 4
Rüdiger von Eisenhart-Rothe 4
Sebastian Siebenlist 4
Nikolas Wilhelm 6
1Technische Universität München, Sektion Sportorthopädie, Klinikum rechts der Isar, München, Deutschland
2Technische Universität München, Abteilung für Radiologie, Klinikum rechts der Isar, München, Deutschland
3Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 4. Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland
4Technische Universität München, Abteilung für Orthopädie und Sportorthopädie, Klinikum rechts der Isar, München, Deutschland
5Medizinische Fakultät, Abteilung für Radiologie, Universitätsklinikum, Freiburg, Deutschland
6Technische Universität München, Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence, München, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die präoperative Planung durch Orthopäden(OR) ist entscheidend für den Erfolg einer Osteotomie, jedoch arbeitsintensiv und fehleranfällig. Künstliche Intelligenz (KI) bietet hier erhebliches Potenzial, OS bei der präzisen und zuverlässigen Behandlung zu unterstützen. Ziel der Studie war die Entwicklung eines Deep-Learning(DL)-Systems, das eine hohe tibiale Osteotomie (HTO) auf anterior-posterior(a.p.) Ganzbein-Röntgenbildern vollständig autonom plant und dessen klinische Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Bearbeitungszeit im Vergleich zu erfahrenen OS an multizentrischen Testdatensätzen zu validieren.

Material und Methoden: Retrospektiv wurden 594 Patienten (Alter 41,1±13,2 Jahre, 182 weiblich) einbezogen, die zwischen 01/2010 und 01/2021 eine Osteotomie erhielten. An den a.p. Ganzbein-Röntgenaufnahmen erfolgte die manuelle Annotation der Beinachsen und HTO Landmarken. Die Datensätze wurden in Trainings- (60%, n=399), Validierungs- (10%, n=59) und Hold-out-Testdatensatz (30%, n=136) unterteilt, ergänzt durch einen externen Datensatz (n=100). Ein DL-System, bestehend aus 12 Experten-Netzwerken, wurde trainiert, relevante Landmarken für die HTO-Planung zu identifizieren. Anschließend erfolgte eine vollautomatische Planung einer medial öffnenden HTO, basierend auf 1) dem gewünschten postoperativen Schnittpunkt der mechanischen Achse mit dem Tibiaplateau (%-basiert) und 2) dem angestrebten femorotibialen Winkel (°-basiert). Die Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Bearbeitungszeit wurden mit drei erfahrenen OR verglichen.

Ergebnisse: Die Übereinstimmung zwischen den von den OS und dem DL-Modell annotierten Landmarken betrug 0,94±0,02(Sørensen-Dice). In der präoperativen Achsanalyse lag die Genauigkeit der OR im Vergleich zur Ground Truth zwischen 0,13±0,10° und 1,06±1,4° (klin. akzeptable Genauigkeit: 72–100%, ICC: 0,84–1,0), während das DL-Modell Werte von 0,22±0,18° bis 1,04±1,28° erreichte (klin. akzeptable Genauigkeit: 91–100%, ICC: 0,93–1,0). Für die Planung des Osteotomie-Spalts ergaben sich bei OR Genauigkeiten von 0,46±0,65 mm bis 0,5±0,88 mm (%-basiert) und 0,43±0,55 mm bis 0,52±0,75 mm (°-basiert) sowie ICC-Werte von 0,9–0,96 bzw. 0,95–0,97 (klin. akzeptable Genauigkeit: 93,6–96,0% und 89,8–93,9%). Das DL-Modell zeigte hierbei Genauigkeiten von 0,53±0,63 mm (%-basiert) und 0,44±0,53 mm (°-basiert), eine ICC von 0,99 sowie klinisch akzeptable Genauigkeiten von 98,1% (%-basiert) und 96,2% (°-basiert). Zudem übertraf das DL-Modell die OR signifikant in Intrarater-Zuverlässigkeit (0,88 vs. 1,0) und Verarbeitungszeit (25,3±0,8s vs. 148,7±10,1s, p<0,01).

Diskussion und Schlussfolgerung: Das entwickelte DL-Modell ermöglicht die vollautomatische Planung einer HTO auf a.p. Ganzbein-Röntgenbildern mit einer Präzision, Zuverlässigkeit und Robustheit auf dem Level erfahrener OR. Durch die signifikante Überlegenheit in Bearbeitungszeit bietet der Einsatz solcher DL-Modelle vielversprechende Perspektiven, um die Osteotomieplanung in der klinischen Praxis zu optimieren.