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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Machine-Learning-basiertes Modell zur Vorhersage der Infektausheilung bei periprothetischen Infektionen

Igor Lazic 1
Christoph Tietje 1
Benjamin Schlossmacher 1
Vincent Lallinger 1
Rüdiger von Eisenhart-Rothe 1
Florian Hinterwimmer 1,2
1Klinikum rechts der Isar, München, Deutschland
2TU München, Institute for AI and Informatics in Medicine, München, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die Prognose des Behandlungserfolgs periprothetischer Infektionen (PJI) ist herausfordernd, da zahlreiche fächerübergreifende Faktoren individuell berücksichtigt werden müssen. Zudem verändert sich die Therapie dynamisch über den Behandlungsverlauf, etwa durch neu identifizierte Erreger oder Wundheilungsstörungen, die die Wahrscheinlichkeit der Infekteradikation beeinflussen. Machine Learning (ML) wird zunehmend in der Endoprothetik erforscht und eignet sich ideal zur Modellierung solcher komplexen nicht-linearen Zusammenhänge. Ziel dieser Studie ist die Analyse eines ML-Modells zur Vorhersage der Infektausheilung auf Basis einer spezifischen PJI-Datenbank. Untersucht wurden a) die Prognosegenauigkeit sowie die b) die Wichtung prä- und postoperativer Variablen.

Material und Methoden: In einer retrospektiven Analyse von 649 Fällen periprothetischer Infektionen an einem deutschen Universitätsklinikum (2010–2023) wurden 218 Variablen über den diagnostischen und therapeutischen Verlauf erfasst. Die Datenvorverarbeitung umfasste die Bereinigung fehlender Werte, Skalenniveauanpassung und StandardScaler-Skalierung. Schließlich blieben 57 Variablen bei 413 Fällen zur Prädiktion der Infektausheilung gemäß Delphi-Konsensus (Diaz-Ledezma et al., 2013) mit ≥12-monatigem Follow-up. Das Modell wurde mit präoperativen (39 Variablen) und zusätzlich intra-&postoperativen Daten (57 Variablen) trainiert. Eine LASSO-Regression diente der Merkmalsauswahl, sowie der Identifikation prädiktiver Faktoren für die Infektausheilung. Mit den ausgewählten Parametern wurde ein XGBoost Modell und Hyperparameteroptimierung trainiert. Zudem erfolgte eine logistische Regression. Die Modellleistung wurde anhand von Genauigkeit, AUC, Sensitivität und Spezifität bewertet.

Ergebnisse: Das ML-Modell mit allen Variablen erreichte eine AUC von 0,89, eine Sensitivität von 0,87 und eine Spezifität von 0,84. Mit ausschließlich präoperativen Daten erzielte es eine AUC von 0,88 sowie eine Sensitivität und Spezifität von 0,85 bzw. 0,81. Die Regressionsanalyse identifizierte relevante Faktoren, darunter vorausgehende Infektionen (OR 0,19), Fisteln (OR 0,23), Rifampicin(OR 2,8), orale Antibiotikatherapie (OR 0,68), OP-Zeit (OR 0,03), Histologie bei Reimplantation (OR 4,1), Anzahl der Voroperationen (OR 0,29) und Steroid-Therapie (OR 0,02). Alle durch klassische Verfahren ermittelten Variablen wurden auch im ML-Modell bestätigt, das zudem weitere potenziell relevante Prädiktoren identifizierte. Die „Feature Importance“ des ML Modells ist in Abbildung 1 [Fig. 1] dargestellt.

Abbildung 1: Feature Importance zur Prädiktion der Infektausheilung. A) Feature Importance basierend auf präoperativen Daten, B) Feature Importance basierend auf prä-, intra- und postoperativen Daten.

Diskussion und Schlussfolgerung: Mithilfe von ML konnten hochpräzise Vorhersagen zur Infektausheilung auf Basis einer spezifischen PJI-Datenbank getroffen werden. Bereits präoperative Daten ermöglichten eine vergleichbare Prognosegenauigkeit. Zudem bestätigte das Modell die Risikofaktoren, die durch klassische statistische Verfahren identifiziert wurden, und ermittelte weitere klinisch plausible Prädiktoren, deren Relevanz in zukünftigen Studien validiert werden muss.