German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Das hintere Kreuzband hat keinen Einfluss beim Medial Pivot-Design
2Universitätsklinikum Jena, Experimentelle Orthopädie, Eisenberg, Deutschland
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Das hintere Kreuzband spielt eine wichtige Rolle bei der Stabilisierung der Tibia und Verhinderung einer posterioren tibialen Translation im Rahmen der Flexion zur Gewährleistung einer guten Beugefähigkeit bzw. Femoral Rollback. Jedoch zeigt sich dieses insbesondere bei Gonarthrose-Patienten mit Varus-/Valgus-Deformität oft attenuiert, weswegen das Belassen bzw. die Resektion des hinteren Kreuzbandes vor allem in Kombination mit ultra-kongruenten bzw. Medial Pivot Inlays im Rahmen der Knie-TEP-Implantation weiterhin intensiv diskutiert wird.
Howell et al. konnten bereits anhand einer klinischen Studie nachweisen, dass die Resektion bzw. das Belassen des hinteren Kreuzbandes unter Verwendung eines Medial Pivot-Designs in Bezug auf das klinische Outcome keinen Unterschied zeigt. Es fehlen jedoch noch entsprechende in vitro Studien, die potentielle Einflüsse des hinteren Kreuzbandes auf die Kniegelenkskinematik unter Verwendung eines Medial Pivot Designs untersuchen.
Material und Methoden: Am Kniegelenkskinemator wurden sieben humane (fresh frozen) Kniegelenkspräparate während einer aktiven muskelgesteuerten Kniebeuge im Rahmen einer Flexion von 30 – 130° getestet. Nach Messung des nativen Kniegelenks wurde eine Knie-Totalendoprothese (K-TEP) (MS Inlay, GMK Sphere, Medacta International, Castel San Pietro, Schweiz) in mechanischer Ausrichtungstechnik implantiert, wobei das hintere Kreuzband zunächst erhalten wurde. Anschließend wurde die patellofemorale und tibiofemorale Kinematik mittels eines optischen Messsystems (ARAMIS 3D Kamera 2.3M, GOM GmbH, Braunschweig, Deutschland) untersucht. Nach darauffolgender Resektion des hinteren Kreuzbandes unter Belassen des selben K-TEP-Implantates erfolgte eine erneute Untersuchung im Kniegelenkskinemator zur Beurteilung der patellofemoralen und tibiofemoralen Kinematik.
Ergebnisse: Mithilfe des Kniegelenkskinemators wurden im Rahmen der aktiven muskelgesteuerten Kniebeuge die anterior-posteriore Translation der Tibia, die tibiale Rotation, die benötigte Quadrizepskraft, der retropatellare Druck sowie die retropatellare Kontaktfläche und die patellofemorale Kinematik mit Tilt/Shift der Patella vor und nach Resektion des hinteren Kreuzbandes gemessen. In keiner der genannten Einflussgrößen konnte ein signifikanter Unterschied der Kniegelenkskinematik und der patellofemoralen Kontakt- und Druckverhältnisse durch das Belassen bzw. die Resektion des hinteren Kreuzbandes nachgewiesen werden.
Diskussion und Schlussfolgerung: Das Belassen oder die Resektion bzw. Insuffizienz des hinteren Kreuzbandes hat bei der Knie-TEP-Implantation unter Verwendung eines Medial Pivot-Designs keinen Einfluss auf die Kniegelenkskinematik im Sinne einer gestörten Rekonstruktion des „Ball and Socket“-Prinzipes oder auch einer vermehrten Instabilität mit vermehrter anterior-posteriorer tibialer Translation.



