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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Beinlängendifferenz bei Kindern und Jugendlichen im Wachstumsalter – was kann künstliche Intelligenz bei der Diagnostik?

Samuel Hohenberger 1
Monika Herten
Bastian Mester 1
Heinz-Lothar Meyer 1
Manuel Burggraf 2
Gerd Hohenberger 3
Johannes Haubold 4
Marcel Dudda 1,5
Christina Polan 1
1Universitätsklinikum Essen, Universität Duisburg-Essen, Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Essen, Deutschland
2GFO Klinikum Mettmann-Süd, Klinik für Orthopädie, Unfall-, Hand-, und Fußchirurgie, Langenfeld, Deutschland
3Orthozentrum Fulda, Fulda, Deutschland
4Universitätsklinikum Essen, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Essen, Deutschland
5BG Klinikum Duisburg, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Duisburg, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die operative Wachstumslenkung bei Kindern und Jugendlichen im Wachstumsalter wird zur Behandlung des genu valgum, genu varum oder von Beinlängendifferenzen eingesetzt. Die korrekte Bestimmung der Gesamtbeinlänge, sowie der Oberschenkel- und Unterschenkellänge sind von großer Bedeutung für die Indikationsstellung und Planung operativer Beinachsen- oder Beinlängenkorrekturen zum Beispiel durch Hemi- oder Epiphysiodesen. Der zunehmende Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin wirft die Frage auf, ob die Bestimmung von Beinlänge und Achsdeformitäten durch KI mit der manuellen Messung vergleichbar ist und als etabliertes Tool im kinderorthopädischen Alltag verwendet werden kann.

Material und Methoden: In der retrospektiven monozentrischen Studie wurden vom 2005 bis 2022 konsekutiv 2.385 Patienten erfasst (Ethikkommission Universität Duisburg-Essen 23-11455-BO). Eingeschlossen wurden 1.128 Patienten im Wachstumsalter zwischen dem 3. und 18. Lebensjahr, bei denen noch offene Wachstumsfugen sichtbar waren. Verwertbar waren 344 Röntgenbilder (kalibrierte Ganzbeinstandaufnahmen). Die Tibia-, Femur- und Gesamtbeinlänge, und Winkel wurden mit der KI des Programms „BoneView Measurements“ (Version 2.5, Gleamer, Saint Mandé, Frankreich) oder mit eigenständigen Messungen durch das Programm TraumaCAD (brainlab AG, München) ermittelt und verglichen.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab signifikante Längenunterschiede von Femur und Tibia und des Gesamtbeins (p < 0,001) auf beiden Seiten. Die von der KI ermittelten Femurlängen waren in 66% rechts und in 64% links höher als die manuell vermessenen. Im Gegensatz dazu lagen bei den Tibialängen die Messwerte der KI auf beiden Seiten in 94,7% der Fälle unter denen der manuellen Vermessung. Bei der Bestimmung der Gesamtbeinlängen wie auch bei der Vermessung der Tibialängen gab es eine ähnliche Tendenz mit 90% höheren Messwerten nach manueller Vermessung als mit KI. Eine Unterscheidung nach Kalibrierung des TraumaCAD Programms (automatisch versus manuell) ergab für die automatisch kalibrierten Röntgenbilder keine signifikanten Unterschiede in der Gesamtbeinlängenmessung beider Beine. Für die Femur- und die Tibialängen hingegen waren weiterhin signifikante Unterschiede zwischen der KI- und der TraumaCAD Auswertung vorhanden. Die mit manueller Kalibrierung im TraumaCAD Programm vermessenen Röntgenbilder unterschieden sich in allen Parametern signifikant von der KI Auswertung (p< =0,001).

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Benutzung der KI von Gleamer zur Bestimmung der Beinlängendifferenzen ist standardisiert und damit Untersucher-unabhängig, führt jedoch zu signifikant unterschiedlichen Ergebnissen als in manuell vermessenen Röntgenbilder. Daher ist aktuell die Nutzung dieser KI ist mit Vorsicht zu betrachten und erfordert unbedingt das manuelle Nachmessen zur Auswertung und Diagnosestellung. Zukünftig wird durch kontinuierliches Training der KI eine Angleichung an die manuell vermessenen radiologischen Werte erwartet.