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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Abdominelle Aortenkalzifikation als präoperativer Indikator einer veränderten Knochenmikroarchitektur und Extrazellulären Matrix vor lumbaler Fusionsoperation

Paul Köhli 1,2
Jan Hambrecht 1
Ranqing Lan 1
Erika Chiapparelli
Ali Guven 1
Lukas Schoennagel 2
Maximilian Muellner 2
Marco Burkhard 1
Matthias Pumberger 2
Jennifer Shue 1
Frank Cammisa 1
Alexander Hughes 1
1Department of Orthopedic Surgery – Hospital for Special Surgery, New York, USA
2Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie – Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die Knochenqualität ist entscheidend für niedrige mechanische Komplikationsraten, insbesondere bei lumbalen Fusionsoperationen (LFS). Während die Knochendichte (BMD) die Knochenquantität beschreibt, lassen sich daraus keine direkten Rückschlüsse auf die Mikroarchitektur und die Zusammensetzung der extrazellulären Matrix (EZM) ziehen. Abdominale Aortencalzifikationen (AAC) sind mit einer reduzierten Knochenqualität und schlechteren postoperativen Ergebnissen nach LFS assoziiert. Ob sie auch mit Veränderungen der Knochenmikroarchitektur und EZM-Zusammensetzung bei nierengesunden Patient*innen vor LFS korrelieren, war bislang unklar.

Material und Methoden: Diese ethikkommissionsgenehmigte Sekundäranalyse einer prospektiven Studie umfasst Patient*innen mit degenerativen Indikationen, die sich einer LFS unterzogen und einer Knochenbiopsie schriftlich zugestimmt hatten. AAC wurde anhand präoperativer seitlicher LWS-Röntgenaufnahmen mittels Kauppila-Score (0–24) bewertet und als nicht vorhanden (0), mäßig (1–4) oder schwer (≥5) klassifiziert. Die BMD wurde mittels quantitativem CT (Mindways qCT Pro) an L1/2 gemessen. Intraoperativ wurde an der Spina iliaca posterior superior eine bikortikale Knochenbiopsie entnommen, in Alkohol fixiert und mittels Mikro-CT (10 μm Auflösung) analysiert, um die kortikale und trabekuläre Mikroarchitektur zu quantifizieren. Anschließend wurden die Proben in Polymethylmethacrylat (PMMA) eingebettet, in 2-μm-Sektionen geschnitten und mittels Fourier-transformierter Infrarotbildgebung untersucht. Die EZM-Parameter – Mineral-zu-Matrix-Verhältnis (Min:Mat), Karbonat-zu-Phosphat-Verhältnis, Mineralreife/Kristallinität (MMC) und Kollagenreife – wurden quantifiziert und um PMMA-Interferenzen korrigiert. Vergleichende und multivariate statistische Analysen evaluierten den Zusammenhang zwischen AAC-Schweregrad und BMD, Knochenmikroarchitektur sowie EZM-Eigenschaften.

Ergebnisse: Nach Ausschluss von 10 Patient*innen mit antiosteoporotischer Vortherapie und 4 mit unzureichenden Röntgenaufnahmen wurden 139 Patientinnen analysiert. Eine schwerere AAC war mit höherem Alter und signifikant niedrigerer BMD assoziiert (p < 0.001). Der Kauppila-Score korrelierte positiv mit einer erhöhten Gewebemineraldichte (TMD) im trabekulären (r = 0.403, p < 0.001) und kortikalen Knochen (r = 0.286, p = 0.001) sowie negativ mit der kortikalen MMC (r = -0.264, p = 0.003). Mit zunehmender AAC nahm die Heterogenität der MMC in trabekulärem (r = 0.242, p = 0.005) und kortikalem Knochen (r = 0.268, p = 0.002) zu. Zudem zeigte sich ein Trend zu erhöhtem kortikalen Min:Mat (r = 0.172, p = 0.052). Diese Zusammenhänge blieben nach Adjustierung für BMD und potenzielle Confounder (Alter, Geschlecht, BMI, Diabetes, Rauchstatus) bestehen.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die präoperative AAC auf LWS-Röntgenaufnahmen ermöglicht nicht nur Rückschlüsse auf eine verringerte BMD, sondern liefert auch Zusatzinformationen über eine veränderte Knochenmikroarchitektur und EZM-Zusammensetzung – unabhängig von demografischen Faktoren oder der BMD. Die Kombination aus erhöhter TMD und reduzierter, heterogener Mineralreife deutet auf eine potenziell erhöhte Frakturanfälligkeit hin. Die prognostische Bedeutung dieser Veränderungen für das postoperative Outcome erfordert weitere Studien.