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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Früherkennung schwerer Krankheitsverläufe bei Polytrauma: Ein Machine-Learning-Ansatz zur Auswahl prädiktiver Cytokine/Chemokine

Jason-Alexander Hoerauf 1
1Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Frankfurt, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Die Vorhersage des Krankheitsverlaufs bei schwer verletzten Traumapatienten bleibt eine Herausforderung. Besonders in der frühen Phase direkt nach Aufnahme im Schockraum ist es schwierig, verlässliche Biomarker zu identifizieren, die einen schweren klinischen Verlauf anzeigen. Stabl, ein neues auf maschinellem Lernen basierendes System, nutzt spezielle Algorithmen, um gezielt eine verlässliche Auswahl an Biomarkern zu treffen. In dieser Studie haben wir Stabl eingesetzt, um aus 21 Zytokinen und Chemokinen jene zu identifizieren, die bereits bei der Aufnahme im Schockraum (0 Stunden) sowie nach 24 Stunden mit einem erhöhten Risiko für schwere Komplikationen bei Polytraumapatienten assoziiert sind.

Material und Methoden: Wir analysierten Daten aus der PAMPer-Studie, in der Blutproben von schwer verletzten Patienten 0 und 24 Stunden nach der Aufnahme entnommen und mithilfe eines Luminex-Assays auf 21 Chemokine und Zytokine untersucht wurden. Die Patienten wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Patienten, die innerhalb von 72 Stunden verstarben oder länger als 7 Tage auf der Intensivstation lagen sowie Patienten mit einer schnellen Rekonvaleszenz, definiert als ein Intensivaufenthalt von weniger als 7 Tagen. Mithilfe von Stabl analysierten wir, welche Zytokine/Chemokine bereits bei der Aufnahme im Schockraum mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf assoziiert waren. Anschließend evaluierten wir die Modellleistung anhand der 24-Stunden-Daten.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 375 Patienten eingeschlossen. Unser 0-Stunden-Modell identifizierte fünf wichtige Prädiktoren: MCP-1, IL-10, GM-CSF, IL-7 und IL-21. Die ROC-Analyse ergab eine AUC von 0,823 (95% CI: 0,766–0,873) für die Trainingsgruppe und 0,760 (CI: 0,649–0,863) für die Testgruppe. MCP-1, IL-10 und IL-7 blieben auch nach 24 Stunden prädiktiv, mit einer AUC von 0,816 (CI: 0,762–0,863) für die Trainingsgruppe und einer AUC von 0,748 (CI: 0,690–0,803) für die Testgruppe.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Anwendung von Stabl auf diesen Polytrauma-Datensatz ermöglichte die Identifizierung verlässlicher Biomarker (MCP-1, IL-10, GM-CSF, IL-7 und IL-21), die eine zuverlässige Vorhersage eines ungünstigen Krankheitsverlaufs erlauben. Die Anwendung des vorliegenden Modells unterstreicht, dass ähnliche auf maschinellem Lernen basierende Werkzeuge Kliniker bei der prognostischen Einschätzung auf Basis komplexer klinischer Daten zukünftig wirkungsvoll unterstützen können.