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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Prognostische Frakturheilungssimulationen identifizieren Delayed- und Non-Union im präklinischen Tierversuch

Alicia Feist 1
Peter Varga 1
Peter Schwarzenberg 1
1AO Research Institute Davos, Davos, Schweiz

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Trotz erheblicher Fortschritte in der Frakturbehandlung bleibt die Häufigkeit von Delayed- und Non-Union Fällen weiterhin hoch. Ein Ansatz zur Adressierung dessen ist die Entwicklung mechano-regulatorischer Computersimulationen zur Vorhersage des Frakturheilungsverlaufs. Kürzlich konnte eine dieser Simulationen erstmals mit objektiven in vivo Sensordaten in einem präklinischen Tierversuch validiert werden. Bisher fehlten jedoch Simulationen, die in der Lage sind, Union, Delayed- und Non-Union zuverlässig zu differenzieren. Die vorliegende Studie wendet daher individualisierte Frakturheilungssimulationen an einer Schafkohorte mit unterschiedlichen Heilungsergebnissen an und vergleicht die Ergebnisse mit in vivo Sensordaten.

Material und Methoden: Als Grundlage wurden Daten einer zuvor abgeschlossenen, präklinischen tibialen Osteotomiestudie mit acht Schafen verwendet. Die Osteotomien wiesen Frakturspaltgrößen von 0,6 bis 30 mm auf und wurden mittels medialer winkelstabiler Überbrückungsplattenosteosynthese stabilisiert. Zudem wurde ein implantierbarer Sensor (AO Fracture Monitor) angebracht, mit dessen Daten die Heilungsergebnisse als Union, Delayed- oder Non-Union klassifiziert wurden. Auf Basis postoperativer, computertomographischer (CT) Scans wurde ein für jedes Tier spezifisches Finite-Elemente-Modell (FE) erstellt. Im Rahmen des iterativ arbeitenden Simulationsalgorithmus wurde das FE-Modell virtuell belastet und ausgehend von der in der Heilungsregion gemessenen Dehnung die Gewebedifferenzieung anhand eines Sets mechanoregulatorischer Regeln bestimmt, sowie Heilungsverlaufskurven erstellt. Ein unüberwachter Cluster-Algorithmus (Affinity Propagation Algorithm) wurde angewendet, um die prognostizierten Heilungsverläufe zu differenzieren.

Ergebnisse: Die mechano-regulatorischen Simulationen konnten für alle Tiere einen Frakturheilungsverlauf als eine Veränderung der Gewebedifferenzierung über Zeit prognostizieren. Für die auf Basis der Sensordaten als Delayed- oder Non-Union diagnostizierten Fälle wurde im Gegensatz zu den Union Fällen eine verzögerte, respektive ausbleibende knöcherne Überbrückung prognostiziert (Abbildung 1a [Fig. 1]). Der Cluster-Algorithmus konnte zudem die drei Gruppen an Heilungsergebnissen korrekt identifizieren, die mit der sensorbasierten Klassifikation in Union, Delayed- und Non-Union übereinstimmten (Abbildung 1b [Fig. 1]).

Abbildung 1: A) Schnittansicht simulierter Gewebedifferenzierungen nach 30 Tagen, exemplarisch für Union, Delayed- und Non-Union. B) Prognostizierte Heilungsverläufe: Korrekte Gruppering und Identifikation von Union (grün), Delayed- (gelb) und Non-Union (rot) anhand des Cluster-Algorithmus.

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Übereinstimmung der Gruppenzuteilung des Cluster-Algorithmus mit der Klassifizierung der Heilungsergebnisse auf Basis der in vivo Sensordaten validiert die Heilungssimulationen. Damit wird das Potenzial prognostischer Frakturheilungssimulationen zur korrekten Identifikation unterschiedlicher Heilungsszenarien deutlich. In zukünftigen Anwendungen könnten diese Simulationen dazu beitragen, das Risiko einer Delayed- oder Non-Union in frühen Heilungsstadien zu erkennen und somit die Patientenversorgung zu optimieren. Für eine klinische Anwendung ist jedoch zunächst eine Validierung der Heilungssimulationen anhand klinischer Daten erforderlich.