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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Einfluss von Antikoagulanzien bei Traumaverletzten unter 65 Jahren: Eine Analyse des TraumaRegisters DGU®

Daniel Koch 1
Rolf Lefering 2
Philipp Faul 1
Uwe Schweigkofler 1
Paul Hagebusch 1
1Zentrum für Notfallmedizin, BG Unfallklinik Frankfurt am Main, Frankfurt am Main, Deutschland
2Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Köln, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Der Einfluss von Antikoagulanzien bei Traumapatienten ist bislang vor allem bei älteren Patienten gut untersucht. Für die Altersgruppe der unter 65-Jährigen hingegen bestehen noch Wissenslücken hinsichtlich Einfluss auf Verletzungsschwere, Verletzungsmuster und Mortalität. Ziel dieser retrospektiven Analyse ist es, anhand von Daten des TraumaRegisters DGU® mögliche Risikofaktoren zu identifizieren, die Versorgung zu optimieren und gegebenenfalls bestehende Therapiealgorithmen anzupassen.

Material und Methoden: Daten von 131.963 Patienten des TraumaRegisters DGU® (2015–2023) im Alter von 18–64 Jahren wurden retrospektiv analysiert. Die Patienten wurden in fünf Subgruppen unterteilt und verglichen: keine Medikamente, Thrombozytenaggregationshemmer (APD), Vitamin-K-Antagonisten (VKA), direkte orale Antikoagulanzien (DOAC) und Heparine.

Ergebnisse: Insgesamt wiesen 5,3% der Patienten eine vorbestehende Gerinnungsstörung auf. Patienten mit Antikoagulanzien waren im Durchschnitt älter (56,4 vs. 41,8 Jahre) und hatten ein höheres Risiko für ein schweres Schädel-Hirn-Trauma (SHT: 19,7% vs. 15,2% ohne Medikamente) sowie eine erhöhte Mortalität (7,7% vs. 5,1%). Der Injury Severity Score (ISS) war in allen Gruppen vergleichbar (17,3–17,8), mit einem leichten Anstieg bei Heparin-Patienten (19,1).

Die Rate an Koagulopathien war bei Vitamin-K-Antagonisten (83,7%) und direkten oralen Antikoagulanzien (24,1%) deutlich erhöht, verglichen mit 6,5% bei Patienten ohne Medikamente. Die Mortalität war in der Heparingruppe am höchsten (14,5%), gefolgt von VKA (8,9%) und DOAC (8,7%). Auffällig war die hohe Suizidrate bei Heparin-Patienten (14%).

Die Rate an Erythrozytenkonzentraten-Gabe blieb in allen Gruppen stabil (6,8%–8,6%) und die Schockrate (Blutdruck unter 90 mmHg systolisch) unterschied sich kaum (11,1% vs. 10,4% ohne Medikament).

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Studie zeigt, dass Traumapatienten unter 65 Jahren mit Antikoagulanzien ein erhöhtes Risiko für schwere Verletzungen und eine höhere Mortalität aufweisen. Besonders auffällig, ist das erhöhte Risiko für ein schweres SHT sowie die deutlich erhöhte Koagulopathierate, insbesondere bei Patienten mit VKA und DOACs.

Die hohe Mortalität in der Heparingruppe, gepaart mit der erhöhten Suizidrate, hebt die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung dieser Subgruppe hervor. Dies könnte auf eine spezifische Patientenselektion oder zugrunde liegende Komorbiditäten hinweisen, die weiter untersucht werden sollten.

Angepasste Schockraumkriterien, insbesondere für Patienten mit bekannter Antikoagulation, könnten die frühzeitige Identifikation von Risikopatienten verbessern.