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Künstliche Intelligenz: Die digitale Zukunft in der Pflege gestalten. 9. Fachtagung Technik – Ethik – Gesundheit


20.-21.05.2025
Nürnberg


Meeting Abstract

Digitale Pflegequalität sichern: KI-gestützte Mobilitätsanalyse zur Sturzprävention – Chancen und Herausforderungen aus der Praxis

1LINDERA, Berlin, Deutschland
2Charité, Berlin, Deutschland

Text

Einleitung & Motivation: Die Pflegebranche in Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Der Fachkräftemangel, eine alternde Gesellschaft und steigende Anforderungen an Pflegequalität erfordern neue, evidenzbasierte Lösungen. Künstliche Intelligenz (KI) verspricht Unterstützung, stößt in der Praxis jedoch auf ethische, soziale und strukturelle Hürden. Die LINDERA GmbH entwickelt eine KI-gestützte App zur Sturzanalyse und Mobilitätsförderung, die pflegewissenschaftliche Standards mit moderner Technologie verbindet – gemäß den World Guidelines for Falls Prevention and Management for Older Adults [1].

Material & Methoden: Die LINDERA Mobilitätsanalyse wurde in 181 Pflegeeinrichtungen in Deutschland implementiert. Grundlage der Datenerhebung ist die Nutzung der App über 17 Monate (2023–2024). Erhoben wurden u.a. Anzahl durchgeführter Analysen, dokumentierte Stürze, sturzbedingte Krankenhausaufenthalte sowie Veränderungen des Risikoprofils. Die Einrichtungen wurden in High-Performance- und Low-Performance-Gruppen eingeteilt – abhängig von der Intensität der App-Nutzung und der Implementierung eines strukturierten Gesundheitsförderungsprogramms nach §5 SGB XI.

Ergebnisse: In High-Performance-Einrichtungen wurden 27 % weniger Stürze dokumentiert, bei Bewohner:innen über 85 Jahren sogar 39 %. Die sturzbedingten Krankenhauseinweisungen reduzierten sich um 41 %. 74 % der Bewohner:innen blieben sturzfrei, 12 % verbesserten sich signifikant. Low-Performance-Einrichtungen zeigten hingegen eine Zunahme von 33 % bei Stürzen.

Diskussion: KI-basierte Anwendungen wie LINDERA können Pflegekräfte entlasten und Pflegequalität messbar steigern. Die Ergebnisse zeigen jedoch: Technologie allein reicht nicht. Entscheidend ist ein effektives Change Management, digitale Kompetenzentwicklung sowie ethische Reflexion – insbesondere hinsichtlich der Transparenz und Erklärbarkeit von KI-Systemen. Die Studie verdeutlicht, dass nur bei aktiver Einbindung der Pflegenden und einer klaren politischen Rahmensetzung die Digitalisierung zum Nutzen aller gestaltet werden kann.


Literatur

[1] Montero-Odasso M, van der Velde N, Martin FC, Petrovic M, Tan MP, Ryg J, Aguilar-Navarro S, Alexander NB, Becker C, Blain H, Bourke R, Cameron ID, Camicioli R, Clemson L, Close J, Delbaere K, Duan L, Duque G, Dyer SM, Freiberger E, Ganz DA, Gómez F, Hausdorff JM, Hogan DB, Hunter SMW, Jauregui JR, Kamkar N, Kenny RA, Lamb SE, Latham NK, Lipsitz LA, Liu-Ambrose T, Logan P, Lord SR, Mallet L, Marsh D, Milisen K, Moctezuma-Gallegos R, Morris ME, Nieuwboer A, Perracini MR, Pieruccini-Faria F, Pighills A, Said C, Sejdic E, Sherrington C, Skelton DA, Dsouza S, Speechley M, Stark S, Todd C, Troen BR, van der Cammen T, Verghese J, Vlaeyen E, Watt JA, Masud T; Task Force on Global Guidelines for Falls in Older Adults. World guidelines for falls prevention and management for older adults: a global initiative. Age Ageing. 2022 Sep 2;51(9):afac205. DOI: 10.1093/ageing/afac205