Künstliche Intelligenz: Die digitale Zukunft in der Pflege gestalten. 9. Fachtagung Technik – Ethik – Gesundheit
Künstliche Intelligenz: Die digitale Zukunft in der Pflege gestalten. 9. Fachtagung Technik – Ethik – Gesundheit
Digitale Pflegequalität sichern: KI-gestützte Mobilitätsanalyse zur Sturzprävention – Chancen und Herausforderungen aus der Praxis
2Charité, Berlin, Deutschland
Text
Einleitung & Motivation: Die Pflegebranche in Deutschland steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Der Fachkräftemangel, eine alternde Gesellschaft und steigende Anforderungen an Pflegequalität erfordern neue, evidenzbasierte Lösungen. Künstliche Intelligenz (KI) verspricht Unterstützung, stößt in der Praxis jedoch auf ethische, soziale und strukturelle Hürden. Die LINDERA GmbH entwickelt eine KI-gestützte App zur Sturzanalyse und Mobilitätsförderung, die pflegewissenschaftliche Standards mit moderner Technologie verbindet – gemäß den World Guidelines for Falls Prevention and Management for Older Adults [1].
Material & Methoden: Die LINDERA Mobilitätsanalyse wurde in 181 Pflegeeinrichtungen in Deutschland implementiert. Grundlage der Datenerhebung ist die Nutzung der App über 17 Monate (2023–2024). Erhoben wurden u.a. Anzahl durchgeführter Analysen, dokumentierte Stürze, sturzbedingte Krankenhausaufenthalte sowie Veränderungen des Risikoprofils. Die Einrichtungen wurden in High-Performance- und Low-Performance-Gruppen eingeteilt – abhängig von der Intensität der App-Nutzung und der Implementierung eines strukturierten Gesundheitsförderungsprogramms nach §5 SGB XI.
Ergebnisse: In High-Performance-Einrichtungen wurden 27 % weniger Stürze dokumentiert, bei Bewohner:innen über 85 Jahren sogar 39 %. Die sturzbedingten Krankenhauseinweisungen reduzierten sich um 41 %. 74 % der Bewohner:innen blieben sturzfrei, 12 % verbesserten sich signifikant. Low-Performance-Einrichtungen zeigten hingegen eine Zunahme von 33 % bei Stürzen.
Diskussion: KI-basierte Anwendungen wie LINDERA können Pflegekräfte entlasten und Pflegequalität messbar steigern. Die Ergebnisse zeigen jedoch: Technologie allein reicht nicht. Entscheidend ist ein effektives Change Management, digitale Kompetenzentwicklung sowie ethische Reflexion – insbesondere hinsichtlich der Transparenz und Erklärbarkeit von KI-Systemen. Die Studie verdeutlicht, dass nur bei aktiver Einbindung der Pflegenden und einer klaren politischen Rahmensetzung die Digitalisierung zum Nutzen aller gestaltet werden kann.



