Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Verweildauer und Frakturkomplexität an der unteren Extremität: Retrospektive Kohortenstudie aus der Unfallchirurgie
Text
Einleitung: Die Analyse von Frakturen, insbesondere in Bezug auf deren Auswirkungen auf die Verweildauer der betroffenen Patienten im Krankenhaus und deren Altersstruktur, bietet Einblicke in die Behandlungsstrategien und das Ressourcenmanagement in orthopädischen und traumatologischen Abteilungen. Insbesondere die Behandlung von Bimalleolarfrakturen (S82.81) und Unterschenkelfrakturen (S82.88) erfordern eine differenzierte Betrachtung der Verweildauer und der Patientencharakteristika, da diese häufig mit längeren Krankenhausaufenthalten verbunden sind [1]. Zusätzlich verkomplizieren Begleiterkrankungen (Diabetes, Rheuma, COPD, Osteoporose, etc.) den Heilungsverlauf.
Die durchgeführte retrospektive Kohortenstudie untersucht den Zusammenhang zwischen verschiedenen Frakturdiagnosen, der Verweildauer, den Begleiterkrankungen und dem Alter der Patienten. Die Diagnosen umfassen unter anderem S81.80 (geschlossene Fraktur des Schienbeinschafts), S81.81 (offene Fraktur des Schienbeinschafts), S81.84 (Fraktur des distalen Schienbeins), S81.9 (nicht näher bezeichnete Fraktur des Unterschenkels) und S82.82 (Fraktur des Unterschenkels mit Gelenkbeteiligung). Das Ziel besteht darin, potenzielle Schlussfolgerungen und klinische Implikationen für die medizinische Versorgung herauszuarbeiten.
Methoden: In einer retrospektiven Analyse wurden Daten von 3.069 Patienten mit den oben genannten Diagnosen ausgewertet, welche zwischen 2018 und 2024 in der traumatologischen Abteilung des Universitätsklinikums Gießen behandelt wurden. Die Daten umfassen demografische Merkmale (Alter, Geschlecht) sowie die durchschnittliche Verweildauer der Patienten. Letztere wurde in Abhängigkeit der Diagnosen und Altersgruppen analysiert und in Verbindung mit Komplikationen, chirurgischen Eingriffen und Rehabilitationsbedürfnissen untersucht.
Ergebnisse: Die durchschnittliche Verweildauer variierte je nach Diagnose und Alter erheblich. Patienten mit Bimalleolarfrakturen (S82.81) wiesen eine deutlich längere durchschnittliche Verweildauer im Krankenhaus auf. Sie betrug 7,41 Tage und lag damit signifikant über der Verweildauer von Patienten mit nicht näher bezeichneten Unterschenkelfrakturen (S82.9), die im Durchschnitt lediglich 3,71 Tage betrug. Bei Patienten ab 65 Jahren verlängerte sich der Krankenhausaufenthalt auf durchschnittlich 16,3 Tage, was einer Steigerung von rund 106% gegenüber jüngeren Patienten entspricht, die im Durchschnitt 7,9 Tage verweilten. Dies steht in Übereinstimmung mit aktuellen Studien zur höheren Komplikationsrate und langsameren Genesung bei älteren Patienten [2]. Die Analyse zeigte zudem, dass Frakturen mit Gelenkbeteiligung, wie sie bei S82.82 und S82.88 vorkommen können, mit einer höheren Rate an postoperativen Komplikationen und längeren Krankenhausaufenthalten assoziiert waren [3].
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse bestätigen die bekannte Tatsache, dass komplexe Frakturen wie Bimalleolarfrakturen mit einer längeren Verweildauer verbunden sind, die sowohl auf die Schwere der Verletzung als auch auf die erforderlichen chirurgischen Eingriffe zurückzuführen ist [4]. Die Daten verdeutlichen zudem, dass das Alter einen entscheidenden Einfluss auf die Behandlungsdauer hat, da ältere Patienten in der Regel langsamer genesen und ein höheres Risiko für postoperative Komplikationen wie Infektionen oder Thrombosen aufweisen [5]. Nicht berücksichtigt werden zumeist Begleiterkrankungen, die einen direkten und indirekten Einfluss auf die Heilung und das Risiko für Komplikationen haben. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer altersgerechten, individuell abgestimmten Behandlung und Rehabilitation.
Fazit: Diese Studie liefert wertvolle Erkenntnisse über den Einfluss verschiedener Frakturtypen, Comorbiditäten und des Patientenalters auf die Krankenhausverweildauer sowie den damit verbundenen Ressourcenbedarf. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine personalisierte Behandlung unter Berücksichtigung des Alters und vorhandener Erkrankungen sowie der Frakturkomplexität erforderlich ist, um die Krankenhausressourcen effizient zu nutzen und die patientenorientierte Versorgung zu optimieren. Weitere prospektive Studien sind notwendig, um diese Ergebnisse zu validieren und spezifische Behandlungsempfehlungen zu entwickeln.
Literatur
[1] Court-Brown CM, Caesar B. Epidemiology of adult fractures: A review. Injury. 2006 Aug;37(8):691-7. DOI: 10.1016/j.injury.2006.04.130[2] Roberts KC, Brox WT, Jevsevar DS, Sevarino K. Management of hip fractures in the elderly. J Am Acad Orthop Surg. 2015 Feb;23(2):131-7. DOI: 10.5435/JAAOS-D-14-00432
[3] Westacott DJ, Abosala AA, Kurdy NM. The factors associated with prolonged inpatient stay after surgical fixation of acute ankle fractures. J Foot Ankle Surg. 2010 May-Jun;49(3):259-62. DOI: 10.1053/j.jfas.2010.02.015
[4] Barei DP, Nork SE, Mills WJ, Coles CP, Henley MB, Benirschke SK. Functional outcomes of severe bicondylar tibial plateau fractures treated with dual incisions and medial and lateral plates. J Bone Joint Surg Am. 2006 Aug;88(8):1713-21. DOI: 10.2106/JBJS.E.00907
[5] Bentler SE, Liu L, Obrizan M, Cook EA, Wright KB, Geweke JF, Chrischilles EA, Pavlik CE, Wallace RB, Ohsfeldt RL, Jones MP, Rosenthal GE, Wolinsky FD. The aftermath of hip fracture: discharge placement, functional status change, and mortality. Am J Epidemiol. 2009 Nov 15;170(10):1290-9. DOI: 10.1093/aje/kwp266