Deutscher Rheumatologiekongress 2025
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Ein unbequemer „Flip-Flop“ in der Praxis: Ein Fall aus der interdisziplinären Entzündungsklinik
2Uniklinik Frankfurt, Rheumatologie, Frankfurt
3Uniklinik Frankfurt Haus 23, Dermatologie, Frankfurt am Main
Text
Vorgeschichte: Die initiale ambulante Vorstellung der 63- jährigen Patientin in der interdisziplinären rheumatologisch- dermatologischen Sprechstunde erfolgte bei bekannter Psoriasisarthritis (PsA) mit begleitender Psoriasis vulgaris (PsO).
Bei Erstmanifestation der psoriatischen Erkrankung dominierte die Psoriasis vulgaris mit einem PASI 10 und einer BSA 5% (Upgrade-Kriterien erfüllt). Nach unzureichendem Ansprechen auf Methotrexat (15 mg/Woche s.c.) wurde die Therapie auf Secukinumab (300 mg/Monat s.c.) umgestellt, was zu einer signifikanten Verbesserung der PsO führte (PASI 0, BSA 0%). Bei Auftreten muskuloskelettaler Beschwerden im Sinne einer aktiven PsA erfolgte ein Substanzklassenwechsel auf Adalimumab (40 mg/2 Wochen s.c.).
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Unter Adalimumab berichtete die Patientin eine verbesserte muskuloskelettale Beschwerdekontrolle, jedoch ohne vollständige Beschwerdefreiheit im Vergleich zur Interleukin-17 Blockade. Zudem entwickelte sie einen kutanen Psoriasis-Flare (PASI 10, BSA 10%, erfüllte Upgrade-Kriterien), verbunden mit starkem Juckreiz und hohem Leidensdruck (DLQI 24). Eine muskuloskelettale Entzündungsaktivität konnte sicher ausgeschlossen werden. Im Konsens mit der Patientin wurde eine topische Glukokortikoidtherapie und eine Bimekizumab-Therapie (320 mg/8 Wochen s.c.) eingeleitet. Nach anfänglich gutem Therapieansprechen musste sich die Patientin notfallmäßig vorstellen.
Diagnostik: In der klinisch-rheumatologischen Untersuchung ergaben sich keine Hinweise auf eine entzündliche Aktivität der PsA. Bei Inspektion zeigte sich eine ausgeprägte „Injection-Site“ Reaktion an der Applikationsstelle. Zudem imponierten trockene, erythematöse Hautareale mit groblamellärer Schuppung und vereinzelten Kratzexkoriationen am gesamten Integument mit beidseitiger atopischer Konjunktivitis. Andere Ursachen neben der Applikation der Interleukin17 A/F Inhibition wurden sicher ausgeschlossen.
Therapie: Unter der Annahme, dass es durch die Interleukin 17A/F-Hemmung zu einem Phänotyp-Switch oder „Flip-Flop-Phänomen“ zwischen Psoriasis vulgaris und atopischer Dermatitis (SCORAD 69,15; EASI 29,7) kam, wurde die Therapie mit Bimekizumab umgehend beendet. Die topische Steroidtherapie wurde intensiviert und eine Therapie mit dem TYK2-Inhibitor Deucravacitinib eingeleitet, um eine suffiziente Inhibierung erkankungsspezifischer Signalwege der PsO und der atopischen Dermatitis zu erwirken.
Weiterer Verlauf: Nach sofortigem Absetzen der Bimekizumab-Therapie und Etablierung einer topischen Steroidtherapie zeigte sich eine rasche Verbesserung der Hauteffloreszenzen. Unter der systemischen Therapie mit Deucravacitinib kam es bis heute zu keiner Exazerbation der PsA, die Hautsituation stabilisierte sich. Weitere Verlaufskontrollen sind geplant.
Literatur
[1] Müller S, Welchowski T, Schmid M, Maintz L, Herrmann N, Wilsmann-Theis D, Royeck T, Havenith R, Bieber T. Development of a clinical algorithm to predict phenotypic switches between atopic dermatitis and psoriasis (the "Flip-Flop" phenomenon). Allergy. 2024 Jan;79(1):164-73. DOI: 10.1111/all.15921[2] Johnson MC, Bowers NL, Strowd LC. Concurrent Atopic Dermatitis and Psoriasis Vulgaris: Implications for Targeted Biologic Therapy. Cutis. 2022 Feb;109(2):110-2. DOI: 10.12788/cutis.0453
[3] Varma A, Levitt J. Dupilumab-induced phenotype switching from atopic dermatitis to psoriasis. JAAD Case Rep. 2020 Feb 19;6(3):217-8. DOI: 10.1016/j.jdcr.2020.01.012