Logo

Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Erosive Tracheobronchitis und subglottische Stenose bei Granulomatose mit Polyangiitis – eine interdisziplinäre Herausforderung

Philipp Schulte-Terhusen 1
Anna Kernder 1
Xenofon Baraliakos 1
1Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne

Text

Vorgeschichte: Im Oktober 2024 stellte sich ein 55-jähriger Patient erstmalig in unserer Klinik vor. Aufgrund einer PR3-ANCA positiven Granulomatose mit Polyangiitis mit initialer HNO-Beteiligung (Pansinusitis, Hörminderung), pulmonaler Manifestation und Mononeuritis multiplex war im Jahr 2016 eine remissionsinduzierende Therapie mit kumulativ 6.000 mg Cyclophosphamid und in der Folge 2 x 1.000 mg Rituximab alle 6 Monate erfolgt. Bei anhaltender Remission der Erkrankung wurde die Therapie in der Folge deeskaliert und im Jahr 2021 auf eine Methotrexat-Monotherapie mit 7,5 mg/Woche umgestellt. Hierunter bemerkte der Patient eine zunehmende Sinusitis und Hörminderung ab August 2024, woraufhin eine Steroid-Stoßtherapie durch den behandelnden HNO-Arzt mit 1 mg/kg Körpergewicht initiiert worden war. Ohne wesentliches klinisches Ansprechen erfolgte dann die stationäre Erstvorstellung in unserem Haus. Neben einer initialen CRP-Elevation zeigten sich erhöhte PR3-Titer (127 CU, Normwert < 20 CU), Hinweise auf eine renale Beteiligung oder ein neurologisches Rezidiv fanden sich laborchemisch und klinisch nicht. Nach zwischenzeitlicher Behandlung einer symptomatischen Covid 19 Infektion führten wir aufgrund des subjektiv geringen Prednisolon-Ansprechens eine PET-CT-Untersuchung durch, in der bilateral hypermetabole pulmonale Granulome dargestellt werden konnten, die typisch für ein pulmonales Rezidiv der Granulomatose mit Polyangiitis imponierten. Zudem wurde eine subglottische Krankheitsaktivität vermutet, die im Rahmen einer HNO-ärztlichen Mitbeurteilung jedoch makroskopisch nicht bestätigt wurde, eine Biopsieentnahme erfolgte nicht. Neben einer oralen Prednisolon-Therapie nach PEXIVAS-Schema und einer oralen Avacopan-Therapie entschieden wir uns für eine erneute Remissionsinduktion mit Rituximab 2x 1.000 mg ab November 2024.

Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Ende Januar 2025 stellte sich der Patient auf dringliche Zuweisung des ambulant behandelnden Lungenfacharztes erneut in unserer Klinik vor. Neben einer progredienten Leistungsminderung bestanden ein exspiratorisches Giemen und ein führender inspiratorischer Stridor unter geringer körperlicher Belastung.

Diagnostik: Laborchemisch sahen wir im Rahmen der Wiedervorstellung eine deutliche Regredienz der systemischen Inflammationsparameter und spezifischen Marker der Granulomatose mit Polyangiitis (PR3: 34 CU, c-ANCA negativ). In einer auswärtigen CT-Untersuchung der Lunge wurde eine Lungenarterienembolie ausgeschlossen, die pulmonalen Granulome zeigten sich größenregredient und zentral nekrotisch zerfallend. Eine CT-Untersuchung der Halsweichteile beschrieb eine mögliche Stenose auf Glottisebene. HNO-ärztlich wurde der makroskopische Befund erneut als unauffällig eingestuft, wiederum ohne Biopsieentnahme. Eine intravenöse Steroidtherapie über 3 Tage zeigte keinen Effekt.

Der Patient wurde erneut lungenfachärztlich vorgestellt. Im Zuge einer Bronchoskopie mit Lavage und Biopsieentnahme stellte sich eine ausgeprägte erosive, pseudomembranös imponierende Tracheobronchitis dar, die als ursächlich für die respiratorischen Beschwerden gewertet wurde. Im Zuge einer zwischenzeitlichen HNO-ärztlichen Zweitbeurteilung wurde laryngoskopisch eine initiale subglottische Stenose beschrieben, eine lokale Steroidinjektion mit bioptischer Befundsicherung nach Abschluss der führenden pulmologischen Behandlung wurde besprochen. Im Februar 2025 erfolgte eine erneute Bronchoskopie mit strukturierter infektiologischer Evaluation. Insbesondere konnte hierbei kein Nachweis einer trachealen Aspergillose erbracht werden. Umfangreiche mikrobiologische Evaluationen folgten, in denen lediglich die PCR auf HSV1 positiv ausfiel, lungenfachärztlich aufgrund der häufigen Positivbefunde als nicht ursächlich und therapiebedürftig gewertet.

Neben einer kalkulierten Therapie mit Voriconazol ohne klinischen Effekt veranlassten die Kollegen eine Keilexzision der pulmonalen Granulome, um eine Superinfektion und insbesondere ein Aspergillom auszuschließen. Histologisch zeigte sich ein typischer Befund der Granulomatose mit Polyangiitis ohne Nachweis einer Superinfektion oder Besiedlung.

Therapie: Wir entschieden uns aufgrund der unklaren Situation nach wiederholter interdiszplinärer Falldiskussion zu einer stationären Re-Evaluation. Klinische und laborchemische Parameter waren unauffällig, die respiratorische Situation unverändert. Eine solitäre tracheobronchiale Aktivität der Granulomatose mit Polyangiitis hielten wir für unplausibel, auch wenn tracheobronchiale Manifestationen der Erkrankung beschrieben sind [1], [2].

Fallberichte über infektiologische Differenzialdiagnosen betreffen insbesondere die tracheobronchiale Aspergillose [3], [4] sowie typische und atypische Mykobakteriosen [5]. Multiple virale und bakterielle Erreger sind beschrieben [6]. Mehrere Autoren berichten jedoch auch über Herpes simplex assoziierte Tracheobronchitiden, die insbesondere unter Immunsuppression und beatmungsassoziiert auftreten [7], [8].

Weiterer Verlauf: Wir entschieden uns für einen Therapieversuch mit Aciclovir (intravenös, 10 mg/kg Körpergewicht). Am vierten Infusionstag berichtete der Patient von einer subjektiven Verbesserung der Dyspnoe, die sich im weiteren Verlauf der intravenösen Therapie fortsetzte. Eine weitere Verkomplizierung des Falles trat auf, als wir eine CT-morphologische Verlaufskontrolle der pulmonalen Granulome durchführten, die neben einer weiteren deutlichen pulmonalen Befundregredienz und einem bildmorphologischen Rückgang der bronchialen Wandverdickungen eine bilaterale, rechts zentrale Lungenarterienembolie als Zufallsbefund objektivierte. Diese werteten wir im Kontext der wiederholten invasiven Eingriffe in den Vorwochen (operative Lungenkeilresektion, Laryngoskopien, Bronchoskopien) und der krankheitsbedingten körperlichen Inaktivität. Eine orale Antikoagulation wurde initiiert, der Patient wurde auf einer Intermediate Care Unit überwacht und blieb kardiopulmonal stabil.

Nach oraler virustatischer Anschlusstherapie ist eine bronchoskopische Verlaufskontrolle geplant, sobald dies unter Antikoagulation lungenfachärztlich möglich erscheint. Zudem ist die HNO-ärztliche Lokaltherapie nach wie vor angedacht, da neben der schweren tracheobronchialen Inflammation, die wir als infektiöse Komplikation werten, nach wie vor eine gering entzündliche oder postentzündliche subglottische Beteiligung der Granulomatose mit Polyangiitis vorzuliegen scheint. Aufgrund der thrombembolischen Komplikation ist diesbezüglich jedoch weiterer Aufschub zu erwarten.


Literatur

[1] Villeneuve T, Faguer S, Collot S, Pugnet G, Prévot G. HRCT imaging of pulmonary involvement in granulomatosis with polyangiitis and microscopic polyangiitis at disease onset and during follow-up. Semin Arthritis Rheum. 2023 Dec;63:152307. DOI: 10.1016/j.semarthrit.2023.152307
[2] Hellmich B, Sanchez-Alamo B, Schirmer JH, Berti A, Blockmans D, Cid MC, Holle JU, Hollinger N, Karadag O, Kronbichler A, Little MA, Luqmani RA, Mahr A, Merkel PA, Mohammad AJ, Monti S, Mukhtyar CB, Musial J, Price-Kuehne F, Segelmark M, Teng YKO, Terrier B, Tomasson G, Vaglio A, Vassilopoulos D, Verhoeven P, Jayne D. EULAR recommendations for the management of ANCA-associated vasculitis: 2022 update. Ann Rheum Dis. 2024 Jan 2;83(1):30-47. DOI: 10.1136/ard-2022-223764
[3] Courtois MF, Carboni Bisso I, Fernández Ceballos I, Las Heras M. Pseudomembranous Aspergillus fumigatus tracheobronchitis. Medicina (B Aires). 2025;85(1):251.
[4] Cho JS, Kim JJ, Jeong SY, Lee YS, Kim M, Park SJ, Koh MJ. Pseudomembranous Aspergillus Tracheobronchitis: Case Report of a Rare Manifestation of Airway Invasive Aspergillosis. Taehan Yongsang Uihakhoe Chi. 2022 May;83(3):737-43. DOI: 10.3348/jksr.2021.0091
[5] Froessl LJ, Abdeen Y. Pseudomembranous Tracheobronchitis due to Mycobacterium tuberculosis. Cureus. 2021 Aug 14;13(8):e17173. DOI: 10.7759/cureus.17173
[6] Kawakami N, Ito M, Takahashi K, Moriya T, Saito H, Wakai Y, Saito K. Pseudomembranous Tracheobronchitis With Severe Tracheal Stenosis and Masked Bronchial Obstruction. J Emerg Med. 2021 Mar;60(3):e39-e44. DOI: 10.1016/j.jemermed.2020.10.041
[7] Haddaden M, Aldabain LH, Shaban D, Bittar R, Youness H. Postintubation Tracheal Rupture in a Patient With Herpes Simplex Virus Type 1 (HSV-1) Tracheitis. Cureus. 2024 Oct 15;16(10):e71536. DOI: 10.7759/cureus.71536
[8] Bonsoms N, Vallés J, Blanch L, Baigorri F, Fernández R, Joseph D, Artigas A. Traqueobronquitis por el virus del herpes simple tipo I y broncospasmo persistente [Tracheobronchitis caused by herpes simplex virus type I and persistent bronchospasm]. Enferm Infecc Microbiol Clin. 1992 Oct;10(8):505.