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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Unterschiede in Symptomatik und Diagnosestellung von FMF-Patienten nach Mutationsgruppe

Dorothea Reck 1
Jörg Henes 1
Sebastian Saur 1
1Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Hämatologie, Onkologie, klinische Immunologie und Rheumatologie, Tübingen

Text

Einleitung: Unterschiedliche Mutationen im Mediterranean Fever (MEFV) Gen sind für das Familiäre Mittelmeerfieber (FMF) verantwortlich [1]. Ziel dieser Registerstudie war es zu untersuchen, ob zwischen verschiedenen Mutationsgruppen von FMF-Patienten Unterschiede bezüglich Erstmanifestation, Diagnosezeitpunkt, Symptomatik und Voroperationen vorliegen. Weiter wurde untersucht, ob sich die Ethnien und Familienanamnesen zwischen den Mutationsgruppen unterscheiden.

Methoden: In unsere prospektive, nicht-interventionelle Registerstudie werden alle FMF-Patienten eingeschlossen, die sich in der Rheumatologischen Ambulanz der Medizinischen Klinik Tübingen vorstellen. Die aktuelle Datenauswertung umfasst den Zeitraum von Oktober 2019 bis März 2021. Die epidemiologischen Daten der Patienten wurden mittels Fragebögen und Krankenakten erhoben. In der statistischen Analyse wurden Subgruppen entsprechend der ursächlichen Mutationen unterschieden: homozygote M694V-Mutation, heterozygote und compound-heterozygote M694V-Mutation und andere Mutationen. Kategoriale Variablen wurden mit dem Exakten Test nach Fisher-Freeman-Halton und Mittelwerte mit ANOVA analysiert.

Ergebnisse: Insgesamt wurden die Daten von 95 FMF-Patienten ausgewertet. Homozygote M694V-Patienten zeigten signifikant früher Symptome als die anderen Gruppen (p = 0.02) und die Diagnose wurde bei diesen Patienten signifikant früher gestellt (p = 0.002) (Tabelle 1 [Tab. 1]). Außerdem zeigten mehr homozygote M694V-Patienten (72,7%) eine positive Familienanamnese als die Vergleichsgruppen. Fast alle homozygoten M694V-Patienten (90,9%) waren türkischer Herkunft. Unter den homozygoten M694V-Patienten zeigte sich tendenziell häufiger eine positive Familienanamnese für FMF. Die Rate an Konsanguinität der Eltern war bei homozygoten M694V-Patienten (27,3%) höher als bei heterozygoten (21,2%) und am höchsten in der Gruppe ohne M694V-Mutation (31,3%).

Tabelle 1: Gruppierung der Patienten nach Mutation in homozygote M694V-Mutationen (M694V/M694V), heterozygote oder compound-heterozygote M694V-Mutationen (M694V/andere) und Mutationen ohne M694V (andere/andere). Absolute Anzahl an Patienten sowie prozentualer Anteil innerhalb der Mutationsgruppe. Mittelwertvergleich mit ANOVA, Exakter Test nach Fisher-Freeman-Halton zum Vergleich kategorialer Variablen. n.s = nicht signifikant.

Beim Auftreten von Arthritiden und Arthralgien zeigte sich ein signifikanter Unterschied (p = 0.035) zwischen den drei Mutationsgruppen: diese Symptome gaben 95,5% der homozygot M694V-mutierten FMF-Patienten an, dagegen nur 63,6% der heterozygot oder compound-heterozygoten und 71,9% der FMF-Patienten mit anderen Mutationen. Homozygote M694V-Patienten berichteten häufiger über Fieber, Bauchschmerzen, Brustschmerzen und Exantheme als FMF-Patienten der Vergleichsgruppen, allerdings ohne statistisch signifikante Unterschiede. Bei nur einem FMF-Patienten lag eine renale Amyloidose vor, dieser Patient hatte eine homozygote M694V-Mutation.

Von 95 FMF-Patienten wurde bei mindestens 29 (30,5%) eine Appendektomie durchgeführt. Die Appendektomie-Rate war am höchsten bei den homozygoten M694V-Patienten (69,2%), gefolgt von den M694V/andere-Patienten mit 52,4% und den Patienten mit dem Genotyp „andere/andere“, bei denen nur 36,8% eine Appendektomie erhielten.

Schlussfolgerung: Unsere Analyse zeigt, dass FMF-Patienten mit einer homozygoten M694V-Mutation signifikant früher erkranken, was jedoch auch zu einer früheren Diagnose führt. Diese Patienten leiden zudem deutlich häufiger an Arthritiden. Eine Amyloidose trat glücklicherweise nur selten auf (nur ein Fall in dieser Mutationsgruppe), was auf eine gute medizinische Versorgung hinweist. Trotz dieser positiven Befunde verdeutlicht die hohe Appendektomie-Rate bei FMF-Patienten die Notwendigkeit, die Krankheit weiter bekannt zu machen, um Fehldiagnosen zu vermeiden. Auch in unserer Kohorte zeigte sich eine erhebliche Verzögerung zwischen der Erstmanifestation und der Diagnose.

Offenlegungserklärung: Es bestehen keine Interessenskonflikte.


Literatur

[1] Lancieri M, Bustaffa M, Palmeri S, Prigione I, Penco F, Papa R, Volpi S, Caorsi R, Gattorno M. An Update on Familial Mediterranean Fever. Int J Mol Sci. 2023 May 31;24(11):9584. DOI: 10.3390/ijms24119584