70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.
70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.
Entwicklung einer Registerübersicht für Seltene Erkrankungen – Konzeption und prototypische Implementierung
Text
Einleitung: Insbesondere bei Seltenen Erkrankungen (SE) erlauben Patientenregister die strukturierte Erfassung und gemeinsame Nutzung von Patientendaten als Grundlage für die Erforschung von Ursachen und neuen Behandlungsoptionen. Jedoch ist die Registerlandschaft in Deutschland sehr heterogen mit vielen kleinen Datensammlungen [1]. Registerübersichten dienen dazu einen Überblick über die Registerlandschaft zu schaffen und damit Kooperationen zu fördern und redundante Strukturen zu vermeiden. Bestehende Registerübersichten leiden jedoch unter mangelnder Vollständigkeit, Vollzähligkeit und Aktualität. Vor allem für SE besteht die Notwendigkeit für eine zugängliche und benutzerfreundliche Übersicht mit einer verbesserten Auffindbarkeit relevanter Register. Diese Arbeit beschreibt die Konzeption und prototypische Entwicklung einer solchen Registerübersicht für SE in Deutschland.
Stand der Technik: Im Gegensatz zu klinischen Studien mit einer verpflichtenden Registrierung in einem öffentlichen Studienregister gibt es derzeit keine vergleichbaren Vorgaben für Patientenregister. Es existieren bereits verschiedene, aber oft inkompatible, öffentlich zugängliche Registerübersichten mit unterschiedlichem Schwerpunkt und Umfang. Dazu zählen Orphanet [2], die European Rare Disease Registry Infrastructure (ERDRI) [3] und die Registerdatenbank am BQS Institut [4], die aufgrund ihrer Relevanz für SE und ihrer umfassenden Datenbasis als Grundlage für die Entwicklung ausgewählt wurden.
Konzept: Aus einer Analyse der Datenstrukturen und Funktionalitäten der existierenden Registerübersichten sowie Expert:inneninterviews wurden (nicht-)funktionale Anforderungen an die zu entwickelnde Registerübersicht abgeleitet. Diese soll eine einfach zu bedienende und übersichtlich gestaltete Nutzeroberfläche sowie eine benutzerfreundliche Suchfunktion umfassen. Das zugrundeliegende minimalistische Datenmodell soll mit den Datenstrukturen anderer Registerübersichten kompatibel sein, um zukünftig einen Datenaustausch zu ermöglichen, und soll Orpha-Codes für die eindeutige Identifizierung spezifischer SE integrieren.
Für die Konzeption des Datenmodells wurden die Datenstrukturen der existierenden Registerübersichten systematisch verglichen, die enthaltenen Informationen kategorisiert und ein Mapping erstellt. Daraus wurden relevante Informationen für die Darstellung eines Registers identifiziert und in ein prototypisches Datenmodell integriert. Dieses wurde in einem iterativen Prozess mit Feedback von Registerexpert:innen angepasst und semantisch überarbeitet, um insbesondere eine Kompatibilität mit der Registerdatenbank am BQS Institut zu gewährleisten.
Implementierung: Auf der Grundlage des erstellten Konzepts wurde ein Prototyp der Registerübersicht als Proof of Concept umgesetzt. Unter Berücksichtigung der Gestaltungsprinzipien des UX-Designs wurden zunächst zwei Ansichten entworfen: eine Listenansicht mit einer übersichtlichen Darstellung aller verfügbaren Register und eine Detailansicht mit detaillierteren Informationen, beispielsweise Kontaktdaten. Anschließend wurden erste Funktionalitäten wie eine Suchfunktion und Navigationselemente implementiert und die Registerübersicht mit Beispieldatensätzen befüllt.
Gewonnene Erkenntnisse: Das erarbeitete Datenmodell ist minimalistisch, umfasst aber die notwendigen Informationen, um das Auffinden von SE-Registern und den Zugang zu relevanten Inhalten zu ermöglichen. Gleichzeitig gewährleistet das erstellte Mapping eine Kompatibilität mit bestehenden Registerübersichten und eröffnet damit die Möglichkeit eines zukünftigen Datenaustauschs. Langfristig sollen so Redundanzen vermieden und die Aktualität der Einträge unterstützt werden. Als Erweiterung des Datenmodells der Registerdatenbank am BQS Institut wurden Orpha-Codes integriert, um Register zu spezifischen SE auffindbar zu machen. Im Vergleich zu ERDRI oder Orphanet soll die neue Lösung durch ihre Gestaltung den Nutzenden eine verbesserte Nutzererfahrung bieten und den Zugang zu relevanten Informationen vereinfachen. In der weiteren Entwicklung sollen das Konzept und der Prototyp im Hinblick auf denkbare Datenflüsse und Schnittstellen zu anderen Systemen sowie die Möglichkeit der Integration in existierende Informationsplattformen erweitert werden.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
[1] Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Gutachten zur Weiterentwicklung medizinischer Register zur Verbesserung der Dateneinspeisung und -anschlussfähigkeit. 2021 [cited 23 Apr 2025]. Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/details/gutachten-zur-weiterentwicklung-medizinischer-register-zur-verbesserung-der-dateneinspeisung-und-anschlussfaehigkeit-1.html[2] Orphanet. Directory of ongoing research projects, clinical trials, registries and biobanks. [cited 23 Apr 2025]. Available from: https://www.orpha.net/en/research-trials/registries
[3] European Platform on Rare Disease Registration. ERDRI.dor - European Directory of Registries. [cited 23 Apr 2025]. Available from: https://eu-rd-platform.jrc.ec.europa.eu/erdridor/
[4] BQS Institut. Registerdatenbank der medizinischen Register in Deutschland. [cited 23 Apr 2025]. Available from: https://registersuche.bqs.de/



