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70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
07.-11.09.2025
Jena


Meeting Abstract

Klinikintegrierte Medizininformatik: Das Register für myokardiale Perfusion am Bosch Health Campus

Thomas Schröder 1
Andreas Seitz 1
Nico Schmid 1
Heiko Mahrholdt 1
Georgios Moutzoukis 1
Marie Lorenz 1
1Robert-Bosch-Krankenhaus, Stuttgart, Germany

Text

Einleitung: Radiologische Untersuchungen mittels kardialer Magnetresonanztomographie (CMR) sind ein zentrales Element der kardiologischen Diagnostik bei Patientinnen und Patienten mit vermuteter oder bestätigter koronarer Herzerkrankung [1]. Die ärztliche Analyse erfolgt dabei qualitativ-visuell anhand der vom CMR erstellten Bilder. Moderne CMR sind in der Lage, zusätzlich zum generierten Bild eine Vielzahl quantitativer Parameter zu erfassen, die zur Unterstützung der ärztlichen Entscheidungsfindung von erheblichem Forschungsinteresse sind. Das vorliegende Poster demonstriert aus technischer Perspektive, wie am Bosch Health Campus (BHC) in Stuttgart in Zusammenarbeit zwischen Kardiologie und Medizininformatik ein umfangreiches Register aufgebaut wurde, das qualitative und quantitative Informationen rund um eine Untersuchung im CMR zusammenführt. Ziel des Registers ist die Bewertung des diagnostischen und prognostischen Stellenwerts der quantitativen Perfusionsanalyse für eine Vielzahl kardiologischer Erkrankungen. Das Register wurde bereits für erste medizinische Publikationen herangezogen und stellt mit seinem Informationsumfang vielfältige Perspektiven für zukünftige Forschungsprojekte dar.

Stand der Technik: Modernste Geräte im Herz-MRT des BHC quantifizieren den myokardialen Blutfluss pro untersuchtem Patient. Sie bieten damit neben der rein bildgestützten ärztlichen Befundung das Potential zu objektiver maschineller Datenanalyse [2], [3]. Vor Go-Live unseres Registers wurden diese Perfusionswerte durch das medizinische Personal händisch vom Bildverarbeitungssystem in eine Studientabelle übertragen. Hieraus resultieren u. a. ein hoher Zeitaufwand, fehlerhafte Eingaben und mangelhafte Datensicherheit – die Datenanalyse wird erschwert und fehleranfällig.

Konzept: Den Limitationen des bisherigen Ansatzes soll durch maßgeschneiderte Software begegnet werden, die den medizinischen Informationsbedarf passgenau abbildet und die Datenerfassung weitestgehend automatisiert. Entwicklung und Test der Verarbeitungskette soll in enger fortlaufender Absprache zwischen klinikinterner IT und medizinischem Fachbereich erfolgen. Der fachliche Verständnisaufbau der Medizininformatiker soll u.a. durch Hospitationen direkt vor Ort erleichtert werden. Durch Anwendung moderner Methoden aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz und medizinischen Statistik soll der damit aufgebaute Datensatz der systematischen Analyse des myokardialen Blutflusses dienen.

Implementierung: Die Verarbeitungskette wurde ab Frühjahr 2023 implementiert, mit Inbetriebnahme im Oktober 2023. Die kurze Entwicklungszeit wurde maßgeblich durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Fachbereich und eine regelmäßige Diskussion der Zwischenstände erreicht. Als Softwareentwicklungsparadigma kam SCRUM zum Einsatz: In zweiwöchigen Sprints wurde das Feedback der Endanwender eingeholt und direkt in die nächste Iteration integriert.

Die einzelnen Komponenten der modular aufgebauten Verarbeitungskette sind inhaltlich aufeinander abgestimmt, arbeiten technisch jedoch unabhängig voneinander. Zu den Modulen gehören ein DICOM-Parser [4], eine grafische Benutzeroberfläche für die Dateneingabe sowie eine App, die deskriptive Statistiken visualisiert. Technische Grundlage bildet hierbei jeweils R bzw. R Shiny. Das zugrundeliegende Datenmodell erfasst alle relevanten technischen und demografischen Informationen im Kontext einer Untersuchung im Herz-MRT.

Gewonnene Erkenntnisse: Unser Projekt demonstriert das Erfolgspotential klinikintegrierter Medizininformatik für Softwareentwicklung und Datenanalyse im Krankenhaus. Seit produktivem Betrieb des Prozesses konnte ein Register von über 5.000 Einzelmessungen mit rund 200 Variablen pro Messung aufgebaut werden, bei einem Zuwachs von rund 300 Messungen pro Monat (Stand 02/2025). Der Zeitaufwand zur Datenerfassung konnte von rund 30 Minuten auf 5 Minuten pro Untersuchung gesenkt werden. Automatisierte Routinen reichern den Datensatz mit klinisch relevanten Kennzahlen an und gewährleisten eine hohe Datenqualität. Das entwickelte Register unterstützt flexibel eine Vielzahl medizinischer Forschungsfragen – erste Erkenntnisse konnten bereits erfolgreich publiziert werden [5].

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

[1] Herzog BA, Greenwood JP, Plein S, Garg P, Haaf P, Onciul S, editors. Cardiovascular Magnetic Resonance. Pocket Guide. European Society of Cardiology; 2017 [cited 2025 June 24]. Available from: https://www.escardio.org/static-file/Escardio/Subspecialty/EACVI/Publications%20and%20recommendations/Books%20and%20booklets/CMR%20pocket%20guides/CMR_guide_2nd_edition_148x105mm_03May2017_last%20version.pdf
[2] Knott KD, Seraphim A, Augusto JB, Xue H, Chacko L, Aung N, et al. The prognostic significance of quantitative myocardial perfusion – an artificial intelligence–based approach using perfusion mapping. Circulation. 2020;141(16):1282–91. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.119.044666
[3] Zhou W, Sin J, Yan AT, Wang H, Lu J, Li Y, et al. Qualitative and quantitative stress perfusion cardiac magnetic resonance in clinical practice: a comprehensive review. Diagnostics. 2023;13(3):524. DOI: 10.3390/diagnostics13030524
[4] Schröder T. DICOM parsing with R. R-bloggers. 2023 Dec [cited 2025 April 27]. Available from: https://www.r-bloggers.com/2023/12/dicom-parsing-with-r/
[5] Moutzoukis G, Lorenz MK, Schroeder T, Schulte-Steinberg B, Chow K, Kellman P, et al. Systematic underestimation of myocardial perfusion reserve by regadenoson stress perfusion CMR - when haste makes waste. Clin Res Cardiol. 2024;113(4):679–88. DOI: 10.1007/s00392-024-02405-6