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70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
07.-11.09.2025
Jena


Meeting Abstract

Herausforderungen bei der Etablierung einer inter-infrastrukturellen, automatisierten Abfrage von Einwilligungsinhalten am Beispiel der Einwilligung des NUM Studiennetzwerk Infektionskrankheiten (SNID), konzipiert als ergänzendes Modul zum Broad Consent der Medizininformatik-Initiative

Julia Groth
Margarete Scherer
Isabel Bröhl
Isabel Schnorr 1
Dana Stahl 2
Ekatarina Heim 3
Kathleen Dittmann 3
Sabine Hanß
Bettina Lorenz-Depiereux 4
Jörg Janne Vehreschild 5
Monika Kraus 6
1Institut für digitale Medizin und klinische Datenwissenschaften, Frankfurt am Main, Germany
2Universitätsmedizin Greifswald, Greifswald, Germany
3Universitätsmedizin Greifswald, Unabhängige Treuhandstelle Greifswald, Greifswald, Germany
4Helmholtz Zentrum München, Abteilung Molekulare Epidemiologie, Neuherberg, Germany
5Department II of Internal Medicine, Hematology/Oncology, Goethe University, Frankfurt am Main, Germany
6Helmholtz Zentrum München, Institut für Epidemiologie, Neuherberg, Germany

Text

Einleitung: Das 2024 gegründete NUM Studiennetzwerk (NUM SN) verfolgt das Ziel, die Durchführung klinischer Studien im Rahmen themenspezifischer Fachnetzwerke durch effizientere Abläufe und standardisierte Prozesse zu erleichtern. In enger Zusammenarbeit mit Forschenden und Verbänden wird das Netzwerk auf bewährten Strukturen wie dem Nationalen Pandemie Kohorten Netz (NAPKON), der NUM Klinischen Epidemiologie- und Studienplattform (NUM-NUKLEUS) und den NUM-Datenintegrationszentren (NUM-DIZ) aufgebaut.

Im Rahmen des ersten Fachnetzwerks Infektionen (SNID), wurde ein spezifisches Zusatzmodul [1] (SNID-C) zum Broad Consent der Medizininformatik-Initiative (MII BC) [2] erstellt. Damit wurde die Grundlage für eine automatisierte Abfrage von Einwilligungsinhalten in komplexen Infrastrukturen mit zentralen und dezentralen Komponenten, sowohl technisch als auch organisatorisch, gelegt.

Methoden: MII-BC und SNID-C sind jeweils modular aufgebaut, wobei der SNID-C vom MII-BC abhängig ist und in beiden Dokumenten einzelne Module optional oder verpflichtend einwilligbar sind. Zur technischen Umsetzung werden die SNID-C-Module in maschinen-lesbare ‚Policies‘ überführt, die in enger Anlehnung an den Semantic Consent Code [3] entwickelt wurden, und auf Interoperabilität mit den Policies des MII-BC [4] geprüft. Diese ermöglichen es den beteiligten Infrastruktureinheiten, gezielt Datensätze mit gültiger Einwilligung für spezifische Forschungsvorhaben zu identifizieren.

Ergebnisse: Alle in Version 1.7.2 des MII-BC enthaltenen Module wurden im Kontext von SNID als verpflichtend für Studienzentren festgelegt. Zur Teilnahme am SNID muss entweder diese Version oder eine inhaltlich und funktional gleichwertige Version eingesetzt werden. Die Kompatibilität und Abfragbarkeit ist gegeben, sobald die semantischen Inhalte auf dieselben Policies gematcht werden können. Die Nutzung des gICS ermöglicht ein reguliertes Versionsmanagement, wobei inhaltliche Änderungen, die abzufragende Policies betreffen, mit der SNID-Studienkoordination (SNID-C) oder der AG Consent der MII (MII-BC) abgestimmt werden müssen. Für die Nutzung von Bioproben wird vorausgesetzt, dass eine Einwilligung in das entsprechende optionale Bioproben-Modul des MII-BC vorliegt.

Die SNID-C-Policies wurden ergänzend zu den bereits definierten MII BC-Policies konzipiert und dürfen sich weder überschneiden noch widersprechen.

Teilbenennungen von Policies wie „MDAT“ als Bezeichner der Datenart werden je nach Infrastrukturkontext unterschiedlich interpretiert - als medizinische Studiendaten oder als medizinische Routinedaten. Deshalb wurde in Konsultation mit der zuständigen Task Force der MII geeignete Benennungs-, Definitions- und ggf. Mappinglösungen identifiziert und in der jeweiligen Infrastruktur umgesetzt.

Es bestehen Abhängigkeiten: Die Policy ‚IDAT_erheben‘ ist nur im MII-BC enthalten und somit inaktiviert eine Nicht-Einwilligung oder ein Widerruf dieser auch die IDAT-Erhebung für SNID.

Diskussion: Die Benennung der Zuständigkeiten hinsichtlich der Einforderung von Betroffenenrechten und Widerrufen sind grundsätzlich in den jeweiligen Consenten abgebildet, der exakte Informationsfluss derzeit noch in Ausarbeitung. Durch die interoperable Konzeption der Einwilligungsmodule kann – indem zugewiesene Policies inaktiviert werden - die automatisierte Umsetzung dieser Anfragen unterstützt werden. In diesem Zusammenhang ist eine stetige Weiterentwicklung intergrativer technischer und organisatorischer Schnittstellen zwischen den Infrastrukturen sowie ggf. auch am Studienstandort mit entsprechendem Versionsmanagement essenziell.

Schlussfolgerung: Die kontinuierliche, integrative Weiterentwicklung modularer Einwilligungsprozesse und Abfragestrukturen innerhalb der NUM- und MII-Infrastrukturen ermöglicht einen schnellen Einstieg in neue Studienprojekte und schafft zugleich die Grundlage für eine langfristige Datennutzbarkeit. Europäische und internationale technische sowie regulatorische Entwicklungen sowie weitere unterstützende Tools wie z.B. eTIC [5] sollen in diesem Kontext in der kommenden Projektphase verstärkt einbezogen werden. Ein zeitnaher Rekrutierungsstart erfordert iterative Entwicklungsprozesse sowie flexible, kreative Lösungen und ist entscheidend für den Erfolg zukünftiger Forschungsnetzwerke.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.


Literatur

[1] Medizininformatik-Initiative. Zusatzmodule. [Zugriff am 25.04.2025]. Verfügbar unter: https://www.medizininformatik-initiative.de/de/zusatzmodule
[2] Medizininformatik-Initiative – Arbeitsgruppe Consent. Mustertext Patienteneinwilligung. Version 1.7.2. [Zugriff am 25.04.2025]. Verfügbar unter: https://www.medizininformatik-initiative.de/sites/default/files/2022-09/MII_AG-Consent_Einheitlicher-Mustertext_v1.7.2.pdf
[3] Bialke M, Hampf C, Blumentritt A, Moser FM, Lang S, Stehn A, et al. #consented - A semantic consent code to facilitate consistent documentation and implementation of consent in collaborative medical research. Int J Med Inform. 2024 Oct;190:105545. DOI: 10.1016/j.ijmedinf.2024.105545
[4] Bild R, Bialke M, Buckow K, Ganslandt T, Ihrig K, Jahns R, et al. Towards a comprehensive and interoperable representation of consent-based data usage permissions in the German medical informatics initiative. BMC Med Inform Decis Mak. 2020 Jun 5;20(1):103. DOI: 10.1186/s12911-020-01138-6
[5] Ethikkommission TU München. eTIC. electronic Tool for the compilation of Informed Consent documents. [Zugriff am 27.06.2025]. Verfügbar unter: https://etic.med.tum.de/