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36. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V.

Deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V.
14.-15.11.2025
Bielefeld


Meeting Abstract

Informationsdefizit bei Männern mit Belastungsinkontinenz: ein Ansatz zur Optimierung der Patientenversorgung

Viktoria Menzel 1
Elena Abbate 1
Anna Vogelgesang 1
Christian Thomas 1
Martin Baunacke 1
1Klinik und Poliklinik für Urologie, TU Dresden, Dresden, Deutschland

Text

Einleitung: Belastungsinkontinenz nach radikaler Prostatektomie beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Studien zeigen ein Versorgungsdefizit der betroffenen Patienten im Umgang und der Therapie ihrer Belastungsinkontinenz. Ziel dieser Studie war es, den Gebrauch von Inkontinenzhilfsmitteln und den Informationsstand über Therapiemöglichkeiten bei Teilnehmern eines Workshops zum Umgang mit ihrer Belastungsinkontinenz zu evaluieren.

Methode: Die unizentrische prospektive Beobachtungsstudie umfasste Patienten, die an einem Workshop zum Umgang mit ihrer Belastungsinkontinenz aufgrund einer Prostatektomie an der hiesigen Klinik teilgenommen haben. Es erfolgte die Erhebung der kontinenzspezifischen Lebensqualität, dem Wissenstand zu Therapieoptionen und dem Umgang mit Hilfsmitteln vor dem Workshop. Im Workshop erhielten die Teilnehmer Informationen zum Krankheitsbild der Belastungsinkontinenz, den möglichen Hilfsmitteln und operativen Therapieoptionen. Sechs Monate nach dem Workshop erfolgte eine zweite Befragung zur Lebensqualität und ob die Patienten eine weitere Therapieberatung in Anspruch genommen haben.

Ergebnisse: 37/40 Patienten haben an der Befragung teilgenommen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 72,1±7,0 Jahre, mit einer medianen Zeit von 2 Jahren seit der Operation. 24% (9/37) der Patienten nutzten 1 Vorlage/d, 22% (8/37) 2 Vorlagen/d, 51% (19/37) ≥3 Vorlagen/d. 1 (3%) Patient nutzte keine Vorlagen. Der ICIQ-UI-SF betrug 13,4±3,8 (6 – 21). Bezüglich des Wissenstandes über Hilfsmittel kannten 100% der Patienten Vorlagen (37/37), 19% (7/37) Kondomurinale und 11% (4/37) Penisklemmen. Hinsichtlich operativer Therapien der Belastungsinkontinenz kannten 14% (5/37) artifizielle Sphinkter, 14% (5/37) Bandoperationen und 5% (2/37) ProACT. 76% (28/37) der Patienten kannten keine operativen Therapien. Die wichtigsten Informationsquellen zum Thema Inkontinenz sind der behandelnde Urologe (95% (35/37)), die Partnerin (51% (19/37)), die behandelnde Klinik (46% (17/37)) und Zeitungen/Zeitschriften (46% (17/37)). Überwiegend werden die Patienten von ihrem behandelnden Urologen zu ihrer Inkontinenz angesprochen (76% (28/37)).

Sechs Monate nach dem Workshop haben 51% (19/37) der Patienten angegeben, weitere Therapiemöglichkeiten ihrer Harninkontinenz in Anspruch nehmen zu wollen. Davon hatten 68% (13/19) in der hiesigen Kontinenzsprechstunde bereits eine individuelle Beratung erhalten. 9 Patienten erhielten weiterführende Maßnahmen wie zusätzliche Hilfsmittel, Beckenbodentraining mit Biofeedback oder Duloxetin. Ein Patient erhielt eine Sphinkterimplantation. 34% (6/19) Patienten haben angegeben eine operative Therapie prüfen zu lassen. 6 Monate nach dem Workshop zeigte sich noch keine Änderung im ICIQ-UI-SF (13,4±3,8 vs. 13,4±3,9; p=0,9).

Schlussfolgerung: Die Studie zeigt, dass der Informationsstand über Hilfsmittelversorgung und operative Therapiemöglichkeiten trotz urologischer Betreuung unzureichend ist. Informationsmaßnahmen können diese Lücke schließen und ein Ansatz für Patienten sein ihren Umgang mit der Belastungsinkontinenz zu verbessern und eher Therapien in Anspruch zu nehmen. Unter anderem auf Grundlage dieses Projektes wurde die multizentrische ProKontinenz-Studie (gefördert vom Innovationsfonds) initiiert, um die Aufklärung und Versorgung von Männern mit Belastungsinkontinenz zu verbessern.