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65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie
16.-18.10.2025
Würzburg


Meeting Abstract

Der semiokklusive Folienverband: Eine vielversprechende Behandlungsoption auch bei dorsalen Fingerkuppendefekten – eine Fallserie

Tara Beyer 1
Marion Mühldorfer-Fodor 2
1Campus Bad Neustadt an der Saale, Bad Neustadt, Deutschland
2Roland-Klinik, Bremen, Deutschland

Text

Fragestellung: Der semiokklusive Folienverband (SOFV) kommt regelmäßig bei Amputationsverletzungen distal der Insertion der Beugesehne (Zonen I–III nach Ishikawa) zur Anwendung. Bei dorsalen Fingerkuppendefekten mit Beteiligung des Nagelorgans wird diese Therapieform jedoch bislang kritisch gesehen. Anhand dieser Fallserie werden Ergebnisse nach SOFV bei dorsalen Amputationen mit relevanter Nagelbeteiligung nachuntersucht und mit Fotodokumentationen dargestellt.

Methodik: Sämtliche im Rahmen der handchirurgischen Sprechstunde durchgeführten Verbandswechsel mit einem SOFV wurden fotodokumentiert und in einer Datenliste erfasst. Zehn Fälle mit einem dorsalen Fingerkuppendefekt mit Beteiligung des Nagelorgans von mindestens einem Drittel des Nagelbetts wurden retrospektiv herausgefiltert und analysiert. Aus den elektronischen Patientenakten wurden Angaben zum Verletzungsmuster hinsichtlich der Weichteile und des knöchernen Befundes, zum Patientenalter sowie – bei ambulanter Nachbehandlung – zur Behandlungsdauer erhoben. Die Patienten wurden kontaktiert und erhielten einen Fragebogen, in dem unter anderem das Auftreten von Komplikationen im Heilungsverlauf, insbesondere Hypergranulationen und deren Behandlung, sowie mögliche Nagelwachstumsstörungen erfragt wurden. Zudem wurden sie gebeten, das ästhetische Ergebnis auf einer Skala von 0 bis 10 zu bewerten und aktuelle Fotodokumentationen zu übersenden. Die Bildauswertung erfolgte hinsichtlich des Langzeitwachstums des Nagels (Form, Anheftung, Deformitäten, Verkürzung).

Ergebnisse: In keinem Fall trat eine Infektion auf. Die durchschnittliche Wundheilungsdauer betrug 8,2 Wochen. Hypergranulationen wurden bei drei Patienten beobachtet. In drei Fällen zeigte sich ein Krallennagel, in einem Fall zusätzlich zum Krallennagel eine Rillenbildung. Die durchschnittliche ästhetische Zufriedenheit lag bei 8 von 10 Punkten.

Schlussfolgerung: Auch dorsale Fingerkuppendefekte mit Nagelbeteiligung können mit SOFV behandelt werden. Auch bei knöchernen Defekten und ausgedehntem Verlust des Nagelbetts kann in den meisten Fällen ein funktionell und ästhetisch zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden. Hypergranulationen treten häufiger auf, sind jedoch mit kurzzeitiger topischer Cortisontsalbenapplikation gut beherrschbar. Die Ergebnisse sprechen für eine Erweiterung der bisherigen Indikationsstellung des SOFV.

Abbildung 1 [Abb. 1]

Abbildung 1: (a) Ausgangsbefund nach dorsaler Fingerkuppenamputation mit vollständig avulsierter Nagelplatte und mehr als 50% fehlendem Nagelbett. (b) Ergebnis drei Monate nach Verletzung und Behandlung mit einem SOFV. Die Fingerkuppe hat sich perfekt remodelliert, das Nagelorgan ist insgesamt etwas verkürzt, aber mit normal geformter, vollständig anhaftender Nagelplatte.