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65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie
16.-18.10.2025
Würzburg


Meeting Abstract

Chirurgische Rekonstruktionsmöglichkeiten nach Daumenamputation – „Wie kann ich wieder Zupacken?“

Tabea Fieber 1
Michael Jakubietz 1
Rainer Meffert 1
Silvia Bernuth 1
Rafael Jakubietz 1
1Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie Uniklinik Würzburg, Würzburg, Deutschland

Text

Fragestellung: Der Verlust des Daumens stellt eine hohe funktionelle Einschränkung der gesamten Hand da. Somit sollte bei einer Amputation möglichst immer der Versuch einer Replantation erfolgen. Ist eine Replantation nicht möglich oder entwickelt sich eine Nekrose des Replantats, stehen dem Chirurgen verschiedene Rekonstruktionsmöglichkeiten mittels Eigengewebe zur Verfügung, um dem Patienten eine Oppositionsbewegung zu ermöglichen.

Methodik: Diese Fallstudie betrachtet Erfahrungswerte über einen Zeitraum von 20 Jahren an einem Zentrum mit hohem Anteil an handtraumatologischen Verletzungen. Eingeschlossen wurden sowohl direkt im Traumakontext durchgeführte Gewebetransfers als auch sekundäre Rettungseingriffe zur funktionellen Wiederherstellung.

Ergebnisse: Bei schweren Mehrfachverletzungen mit nicht replantierbarem Daumen erfolgte bei zwei Patienten eine erfolgreiche heterotope Transposition eines anderen Fingeramputats der selben Hand als Daumenersatz. An Möglichkeiten der sekundären, funktionsverbessernden Eingriffe wurden bei 3 Patienten Vertiefungen der Zwischenfingerfurche durchgeführt, bei einem Patienten wurde dieser Eingriff mit einer Osteodistraktion kombiniert. Bei einem Kind und einem Jugendlichen erfolgte eine Pollizisation zur Rekonstruktion. Zwei weitere Patienten erhielten einen freien Zehentransfer. In 11 weiteren Fällen wurden sekundäre Rekonstruktionen von Patienten aufgrund der Invasivität abgelehnt, obwohl ein deutlicher funktioneller Benefit zu erwarten gewesen wäre.

Schlussfolgerung: Da der Verlust des Daumens eine schwere funktionelle Beeinträchtigung darstellt, ist die Indikation zur Replantation sehr niederschwellig zu stellen. Sollte sich das Amputat als zu destruiert zeigen oder eine Replantation fehlschlagen, so sollte abhängig von der Amputationshöhe und verschiedenen patientenspezifischen Parametern dem Patienten eine chirurgische Rekonstruktion der Oppositionsbewegung angeboten werden. Die Osteodistraktion oder Vertiefung der ersten Kommissur bieten hier eine Möglichkeit. Bei entsprechender Amputationshöhe können hervorragende funktionelle Ergebnisse mit einem freien Zehentransfer erreicht werden. Dieser Eingriff wurde jedoch von vielen Patienten abgelehnt. Möglicherweise gelingt es die Skepsis in der Allgemeinbevölkerung außerhalb des Medizinsektors durch adäquate und aufklärende Öffentlichkeitsarbeit zu reduzieren.