98. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte
98. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte
Progressive konzentrische Gesichtsfeldausfälle bei 45-jähriger Patientin aus Vietnam
Text
Hintergrund: Die Retinitis pigmentosa ist eine seltene erbliche Netzhautdegeneration, die sich meist durch progrediente, konzentrische Gesichtsfeldausfälle sowie Nachtblindheit darstellt. In den meisten Fällen treten in der Netzhautperipherie charakteristische Knochenkörperchen auf, liegen diese nicht vor spricht man von einer Retinitis pigmentosa sine pigmento.
Methoden: Es stellte sich eine 45-jährige vietnamesische Patientin vor, die sich aufgrund eines seit fünf Jahren zunehmenden, progressiven konzentrischen Gesichtsfeldverlusts sowie Nachtblindheit eine Mitbeurteilung in unserer Ambulanz wünschte. Die Patientin wird im Alltag von Angehörigen geführt und weist keine bekannten Vorerkrankungen, sowie keine Verletzungen oder operativen Eingriffe an den Augen auf. In ihrer Familie sind keine weiteren Personen betroffen, Konsanguinität ist sicher auszuschließen.
Ergebnisse: Klinisch zeigte sich eine bestkorrigierte Sehschärfe von RA 0,3 logMAR und LA 0,1 logMAR, wobei im Nahbereich eine reduzierte Sehleistung von 0,4 logMAR mit einer Korrekturaddition von +1,5 sph vorlag. Die intraokuläre Druckmessung ergab beidseitig 16 mmHg. Der vordere Augenabschnitt zeigte keine pathologischen Befunde, in der Fundusspiegelung und -fotografie zeigten sich keine Knochenbälkchen. In der Fundusautofluoreszenz-Aufnahme zeigte sich peripher ein großflächiges Fehlen der Autofluoreszenz mit verstärkter ringförmiger perizentraler Autofluoreszenz. Die OCT-Bildgebung zeigte eine nahezu vollständige Aufhebung der äußeren Netzhautschichten parafoveal, während nur die Fovea intakt blieb. Die Perimetrie ergab eine Einschränkung des Gesichtsfeldes auf die zentralen 10°, was mit der subjektiven Symptomatik übereinstimmt. Das ERG zeigte sowohl die photopische als auch skotopische Reaktion erloschen.
Schlussfolgerung: Die Befunde spiegeln deutlich den peripheren Verlust der photorezeptiven Zellen wider. Insgesamt deuten die klinischen und bildgebenden Befunde auf die Diagnose der Retinitis Pigmentosa sine pigmento hin. Dieser Fall demonstriert die Bedeutung der multimodalen Bildgebung und funktionellen Tests bei der Diagnosestellung seltener Retinopathien.



