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70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
07.-11.09.2025
Jena


Meeting Abstract

Intelligente Raumverwaltung zur Verbesserung der medizinisch-orientierten beruflichen Rehabilitation

Ensa-Leoni Möller 1
Ruby Anna Margarete Emmert 1
Lena Pfannschmidt 1
Lea C. Brandl 1
Susan Brauer 2
Tino Hentschel 1
Andreas Schrader 2
1Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
2Institut für Telematik, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany

Text

Einleitung: Der Bereich der medizinisch-orientierten beruflichen Rehabilitation (MOBR) fokussiert sich unter anderem auf die dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben nach Krankheit [1]. Für eine erfolgreiche Therapie ist die regelmäßige Durchführung physiotherapeutischer Übungen von Bedeutung [2]. Doch, aufgrund begrenzter personeller Ressourcen und der notwendigen Wiederholungsrate, können diese nicht immer in Begleitung eines/einer TherapeutIn erfolgen. Hier können Selbstmanagementangebote PatientInnen dabei unterstützen, ein Eigentraining durchzuführen [2], [3]. Die Therapiebegleitung beschränkt sich allerdings häufig auf digitale oder Maßnahmen außerhalb therapeutischer Trainingsräumlichkeiten [4]. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein System vorgestellt, das PatientInnen erlaubt, ohne Einschränkungen und zusätzliche Hilfe eigenständig an geeigneten Geräten zu trainieren. Begleitend erhalten TherapeutInnen einen strukturierten Überblick über das Eigentraining ihrer PatientInnen und können somit Fortschritte nachverfolgen.

Methoden: Das Vorgehen orientierte sich am menschzentrierten Gestaltungsprozess. Dieser schließt eine Hospitation in einer MOBR-Einrichtung ein, welche durch Interviews mit zwei Physiotherapeuten und einem Haustechniker ergänzt wurde. Die Analyse mündete in User Stories und Anforderungen, welche als Wizard of Oz (WoZ) Prototyp (teilweise Simulation einer technischen Lösung [5]), in einer Laborumgebung implementiert wurde.

Ergebnisse: Der Prototyp umfasst fünf beispielhafte Übungsstationen, welche entsprechend einem digitalen Trainingsplan in das Training der PatientInnen eingebunden sind. PatientInnen identifizieren sich am Eingang des Trainingsraum und erhalten einen Überblick über die vorgesehenen Übungsstationen. Jede Station ist durch eine festgelegte Farbe markiert. Raumbeleuchtung in dieser Farbe leitet die PatientInnen zur jeweiligen Station. Dort wird der individualisierte Trainingsplan in einer laienverständlichen Sprache auf einem an der Übungsstation angebrachten Tablet angezeigt. Die Trainingspläne enthalten eine bebilderte Übungsanleitung sowie die Option zur Anforderung von Unterstützung. Nach Abschluss der Übung werden die PatientInnen durch Tablet und Beleuchtung zur nächsten Station geleitet. Anschließend wechselt das Tablet der abgeschlossenen Trainingsstation in den Standby-Modus.

Der Prototyp wurde mit drei ProbandInnen im Rahmen einer Vorstudie evaluiert. Einschlusskriterien umfassten Deutschkenntnisse auf B2 Niveau und der Ausschluss physischer Probleme durch Belastung. Ausgeschlossen wurden Teilnehmende mit Leseschwäche oder Farbfehlsichtigkeit. Die TeilnehmerInnen durchliefen den WoZ einmalig aus der Perspektive einer vorab definierten Persona . Die Datenerhebung erfolgte mittels Beobachtungsprotokollen, einschließlich Zeitmessungen sowie durch adaptierte Fragebögen, die sich an standardisierten Instrumenten orientierten und spezifische Akzeptanzkriterien berücksichtigten.

Die Auswertung des Fragebogens erfolgte anhand einer Likert-Skala von 1 („Stimme überhaupt nicht zu“) bis 5 („Stimme voll und ganz zu“). In den Kategorien Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Vollständigkeit und Gebrauchstauglichkeit erzielt das System überwiegend die Höchstbewertung von 5, mit zwei geringfügigen Abweichungen auf 4. Das Stationsleitsystem wird von allen Teilnehmenden mit der Bewertung 4 eingestuft. Die Vollständigkeit und Verständlichkeit der Zusammenfassung des Eigentrainings am Raumeingang wird einheitlich mit 3 bewertet. Zusätzlich konnte qualitatives Feedback erhoben werden.

Schlussfolgerung: Die Vorstudie bestätigt die erfolgreiche Umsetzung der Digitalisierung von Trainingsplänen sowie eines Orientierungssystems für das Eigentraining in der MOBR. Es bedarf jedoch an Systemweiterentwicklung sowie weiterer Forschung, indem das iterative Entwicklungsvorgehen im nächsten Schritt beispielsweise eine Umsetzung der qualitativ erhobenen Verbesserungsvorschläge vornimmt. Der Einbezug von Betroffenen ist für die Weiterentwicklung nötig, um PatientInnen fortlaufend in den Hauptfokus des Systems zu stellen. Nach der vollständigen Implementierung folgt eine umfangreichere Evaluationsstudie.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.


References

[1] Deutsche Rentenversicherung. MBOR Arbeitspapier 2019. Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation. Aktualisierte Auflage: 30.10.2023. [Accessed: 2024 Jul 6]. Available from: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Experten/infos_reha_einrichtungen/konzepte_systemfragen/konzepte/MBOR_AP_2019.pdf
[2] Peek K, Sanson-Fisher R, Mackenzie L, Carey M. Interventions to aid patient adherence to physiotherapist prescribed self-management strategies: a systematic review. Physiotherapy. 2016 Jun;102(2):127-35. DOI: 10.1016/j.physio.2015.10.003
[3] van Weert E, Hoekstra-Weebers JEHM, May AM, Korstjens I, Ros WJG, van der Schans CP. The development of an evidence-based physical self-management rehabilitation programme for cancer survivors. Patient Education and Counseling. 2008 May;71(2):169–190.
[4] Lang S, McLelland C, MacDonald D, Hamilton DF. Do digital interventions increase adherence to home exercise rehabilitation? A systematic review of randomised controlled trials. Arch Physiother. 2022 Oct 3;12(1):24. DOI: 10.1186/s40945-022-00148-z
[5] Bernsen NO, Dybkjær H, Dybkjær L. Wizard of oz prototyping: How and when. In: Proceedings of the CCI Working Papers Cognitive Science/HCI; 1994; Roskilde, Denmark.