70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.
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HeiCuDigiMed: Entwicklung eines Heidelberger longitudinalen Curriculums für digitale Kompetenzen im Studium der Humanmedizin
Text
Einleitung: Die rasante Entwicklung digitaler Technologien schafft grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen und erfordert digitale Kompetenzen von angehenden Ärzt:innen [1]. Elektronische Gesundheitsakten, Telemedizin, Künstliche Intelligenz (KI) und mobile Gesundheitsanwendungen sind heute Bestandteil der klinischen Praxis. Digitale Themen werden bereits im Medizinstudium unterrichtet, doch es fehlt ein strukturiertes und einheitliches Curriculum [2], wie es wahrscheinlich von der neuen Approbationsordnung (ÄApprO) als longitudinales Curriculum (LC) gefordert werden wird.
Als zentrale Themen soll das LC beispielsweise die Funktionsweise und Limitationen von KI, klinischen Anwendungssystemen, Datensicherheit und ethische Fragen umfassen. Eine strukturierte Vermittlung digitaler Kompetenzen ermöglicht, dass zukünftige Ärzt:innen digitale Technologien nutzen, um die Patientenversorgung zu verbessern und die Digitalisierung des Gesundheitswesens aktiv mitzugestalten.
Methoden: Zur Entwicklung des LCs wurde zunächst eine Arbeitsgruppe (AG) an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) gegründet. Diese besteht aus Personen, die in die Lehre der Humanmedizin involviert sind und digitale Kompetenzen verankern möchten.
Um einen lokalen Lernzielkatalog (HeiCuDigiMed) zu entwickeln, wurde eine Delphi-Umfrage durchgeführt. Dazu wurde die Relevanz der Lernziele des NKLM-Projektgruppenkatalogs „Digitale Kompetenzen“ [3], der auf dem Lernzielkatalog der GMDS AG MI-Lehre [4] basiert, abgefragt. Konsentierte Lernziele wurden in HeiCuDigiMed übernommen. Konsens galt als erreicht, wenn auf einer 5-Punkt Likert-Skala mindestens 80% der Teilnehmenden die Lernziele als „eher relevant“ (4) oder „sehr relevant“ (5) bewerteten und mindestens 90% als „neutral“ (3) oder besser.
Zusätzlich wurde begonnen, bestehende Veranstaltungen zu identifizieren, die bereits digitale Kompetenzen vermitteln. Dies soll in AG-Treffen, persönlichen Gesprächen und durch Sichtung von Inhalten auf der Lernplattform Moodle erreicht werden. Identifizierte Veranstaltungen werden einem oder mehreren Lernzielen aus HeiCuDigiMed zugeordnet.
Ergebnisse: An der ersten Runde der Delphi-Umfrage nahmen 35 von 40 angefragten Personen teil; in der zweiten Runde beteiligten sich 29 erneut. So konnte ein Lernzielkatalog entwickelt werden, der 35 der ursprünglichen 59 Lernziele enthält. Die Lernziele stammen aus den Kategorien Informationsmanagement, Kommunikation, Informationssysteme im Gesundheitswesen, Apps, Entscheidungsunterstützung, KI, Gesundheitstelematik, Telemedizin, Datenschutz, regulatorische Anforderungen, Zugriff auf medizinisches Wissen, Signal- und Bildverarbeitung und Medizin im Digitalen Zeitalter. Die Vermittlung von Forschungskompetenzen erfolgt parallel in dem LC „Wissenschaftliche Kompetenzen“.
Der Aufbau von HeiCuDigiMed sieht die Unterteilung in Kern-, Wahlpflicht- und Wahlkompetenzen vor. Die Kernkompetenzen sollen in digitalen Lernmodulen vermittelt werden, die die Studierenden während der Vorklinik und Propädeutik absolvieren, sowie einem virtuellen Krankenhausinformationssystem, mit dem im klinischen Studienabschnitt digitale Kompetenzen praktisch erworben werden können. Mit der Gestaltung der Lernmodule wurde mithilfe von Articulate Rise begonnen.
Diskussion: Die Integration der Inhalte des LCs ist herausfordernd, da der bestehende Lehrplan bereits stark ausgelastet ist. Um digitale Kompetenzen nachhaltig im Curriculum zu verankern, wird ein flexibles Konzept benötigt, das sich auch den raschen Entwicklungen anpassen kann.
Wichtig ist die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses zentraler Fachbegriffe wie beispielsweise „Digitale Medizin“. Einheitliche Definitionen sind notwendig, damit Lehrende und Studierende gemeinsam Wissen aufbauen können und digitale Kompetenzen von unterschiedlichen Lehrenden in unterschiedlichen Fachgebieten vermittelt werden können.
Schlussfolgerung: Das LC „Digitale Kompetenzen“ soll zukünftige Ärzt:innen auf ihre Tätigkeit vorbereiten. Ein lokaler Lernzielkatalog und ein Konzept sind jetzt vorhanden. Als nächstes werden bestehende Veranstaltungen in das LC integriert und Inhalte für neue Veranstaltungen erarbeitet.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
References
[1] Ferreira JC, Elvas LB, Correia R, Mascarenhas M. Empowering Health Professionals withDigital Skills to Improve Patient Care and Daily Workflows. Healthcare (Basel). 2025; 13(3). DOI: 10.3390/healthcare13030329[2] Sahan F, Guthardt L, Panitz K, Siegel-Kianer A,Eichhof I, Schmitt BD et al. Enhancing Digital Health Awareness and mHealthCompetencies in Medical Education: Proof-of-Concept Study and Summative ProcessEvaluation of a Quality Improvement Project. JMIR Med Educ. 2024;10:e59454. DOI: 10.2196/59454
[3] Medizinischer Fakultätentag. Nationaler Kompetenzbasierter Lernzielkatalog Medizin (NKLM): Projektgruppenkatalog Digitale Kompetenzen. 2021 [Stand: 20.03.2025]. Verfügbar unter: https://nklm.de/zend/objective/list/orderBy/@objectivePosition/studiengang/Themen/zeitsemester/Projektgruppenkataloge/fachsemester/Digitale%20Kompetenzen
[4] Varghese J, Röhrig R, Dugas M; GMDS-Arbeitsgruppe „MI-Lehre in der Medizin“. Welche Kompetenzen in Medizininformatik benötigen Ärztinnen und Ärzte? Update des Lernzielkatalogs für Studierende der Humanmedizin [Which competencies in medical informatics are required by physicians? An update of the catalog of learning objectives for medical students]. GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2020;16(1):Doc02. DOI: 10.3205/mibe000205



