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70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
07.-11.09.2025
Jena


Meeting Abstract

Heranwachsen mit dem gICS®: Einsatz des generic Informed Consent Services (gICS®) zur Verwaltung von Einwilligungserklärungen für Minderjährige sowie deren Erreichen der Volljährigkeit

Dana Stahl 1
Kathleen Dittmann 1
Ekatarina Heim 1
Bettina Lorenz-Depiereux 2
Monika Kraus 2
Arne Blumentritt 1
Wolfgang Hoffmann 3
1Universitätsmedizin Greifswald, Unabhängige Treuhandstelle Greifswald, Greifswald, Germany
2Helmholtz Zentrum München, Abteilung Molekulare Epidemiologie, Neuherberg, Germany
3Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Greifswald, Germany

Text

Einleitung: Langzeitlich erhobene Daten ermöglichen eine umfassende Bewertung des Gesundheitszustandes von Teilnehmern und die Beobachtung des Verlaufes möglicher Folgeerkrankungen beispielsweise bei Long-/Post-Covid Betroffenen. Neben Erwachsenen werden oft auch Kinder und Jugendliche in Studien und Registern eingeschlossen. Da diese bei Studieneinschluss noch nicht volljährig sind, wird die Einwilligungserklärung durch ein oder beide Sorgeberechtigte(n) stellvertretend für das minderjährige Kind (unter 18 Jahren) unterschrieben. Je nach Studienprotokoll kann die unterschriebene Einwilligung mit Erreichen der Volljährigkeit ablaufen. Im Rahmen des Nationalen Pandemie Kohorten Netzwerks NAPKON wurden in der Sektorübergreifenden Plattform (SÜP) Kohorte auch minderjährige Kinder eingeschlossen. Einige von ihnen haben seit Studieneinschluss mittlerweile die Volljährigkeit erreicht. Versionierung und Historisierung der Einwilligungserklärungen sowie der Nachweis der Re-Kontaktierung der nun Volljährigen muss für die rechtsichere Nachweisbarkeit vorliegen. Langzeitliche Integrität des Teilnehmerwillens lässt sich am besten mit technischen Lösungen umsetzen, die nachfolgend beschrieben werden.

Methoden: Die Unabhängige Treuhandstelle Greifswald (THS) setzt seit mehreren Jahren erfolgreich den gICS® für die DSGVO-konforme Verwaltung von Einwilligungserklärungen ein. Diese können innerhalb des gICS® vollständig digital erfasst und verarbeitet werden. Neben den standardisierten Einwilligungen für Erwachsene lassen sich auch spezifische Einwilligungen für Kinder/Jugendliche oder Subkohorten abbilden. Dazu können einzelne Bestandteile (sog. Policies) der Einwilligung mit Formeln zur individuellen Berechnung des Ablaufdatums auf Basis übermittelter Metadaten (bspw. Geburtsdatum) versehen werden. So kann u.a. die Herausgabe von Daten des Minderjährigen exakt mit Erreichen des 18. Lebensjahres gesperrt werden. Die Aufbewahrung der identifizierenden Daten und eine Re-Kontaktierung kann so noch für einen Übergangszeitraum freigegeben werden. Mittels Einwilligungspfaden, wie die primäre Einwilligung durch die Sorgeberechtigten und spätere Einwilligungen des Volljährigen (ehemals minderjährigen Kindes), kann über diese technische Lösung rechtskonform der Einwilligungsstatus abgefragt und Datensätze für die Forschung freigegeben werden. Im gICS® kann jederzeit über eine Programmierschnittstelle (API, Application Programming Interfaces) oder die Oberfläche geprüft werden, welche Bestandteile einer Einwilligung zu welchem Zeitpunkt ablaufen.

Ergebnisse: Für SÜP wurden von 2.749 Teilnehmer 2.984 Einwilligungserklärungen, davon 196 für Minderjährige erfasst. Mit Stand vom 22.04.2025 haben bisher 11 Minderjährige die Volljährigkeit erreicht und wurden um eine erneute Einwilligung gebeten. Zwei Volljährige haben der weiteren Datenverarbeitung innerhalb von SÜP bzw. der weiteren Forschung zugestimmt. Neun Volljährige haben sich bislang nicht gemeldet. Mit Erreichen des 19. Lebensjahrs laufen Policies endgültig ab und die ihnen zugeordneten Datensätze werden protokollkonform bearbeitet, sodass medizinische Daten weiterhin der Forschung zur Verfügung stehen, jedoch nicht mehr auf die einzelne Person rückführbar sind. Dieses Vorgehen ermöglicht allerdings keine weiteren Re-Kontaktierungen mehr.

Schlussfolgerung: Der Einsatz des gICS® als zentrales Element für die Verwaltung von Einwilligungserklärungen kann im longitudinalen Verlauf, insbesondere für Minderjährige die zu Volljährigen heranwachsen, bei der Re-Konsentierung unterstützen und dazu beitragen, dass Datensätze langfristig für Forschungsvorhaben zur Verfügung stehen, Teilnehmende langfristig re-kontaktiert werden können und Betroffenenrechte nach DSGVO über viele Jahre hinweg eingefordert werden können. Sogar die Nicht-Erreichbarkeit oder mangelnde Responsivität der ehemals Minderjährigen führt nicht zu einem vollständigen Datenverlust, da diese Datensätze weiterhin im Datenbestand bleiben und zur Forschung genutzt werden können.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.