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70. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V.

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS)
07.-11.09.2025
Jena


Meeting Abstract

Lokale Tumortherapie bei kleinzelligem Lungenkarzinom mit begrenzter oder ausgedehnter Metastasierung

Antje Schliemann 1
Sophia Bertram 2
Dorothee Twardella 3
Soo-Zin Kim-Wanner 4
Ron Pritzkuleit 5
Alexander Katalinic 1,5
Annika Waldmann 1
1Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany
2Strahlentherapie Harburg/Bergedorf, Hamburg, Germany
3Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim, Germany
4Hessisches Krebsregister, Frankfurt, Germany
5Institut für Krebsepidemiologie e. V., Universität zu Lübeck, Lübeck, Germany

Text

Einleitung: Beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC) im Stadium IV wird die thorakale Radiotherapie (TRT) zunehmend als ergänzende Maßnahme zur systemischen Therapie (SACT) diskutiert. Insbesondere Patient*innen mit begrenzter Metastasierung könnten davon profitieren. Bislang besteht jedoch kein Konsens darüber, wann und bei wem eine TRT sinnvoll ist.

Methoden: Es wurden standardisierte, gepoolte Daten aus drei deutschen Krebsregistern analysiert. Eingeschlossen wurden Patient*innen mit synchron metastasiertem SCLC, die eine leitliniengerechte SACT mit oder ohne begleitende bzw. konsolidierende TRT erhielten. Die Metastasierung wurde anhand der 8. TNM-Klassifikation [1] und der Anzahl der betroffenen Organsysteme in „begrenzte“ und „ausgedehnte“ Metastasierung unterteilt. Zur Adjustierung für potenzielle Confounder wurde mittels logistischer Regression ein Propensity Score berechnet, die Gewichtung erfolgte mit dem stabilized inverse probability of treatment weighting (siPTW). Gesamtüberleben (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) wurden mittels Kaplan-Meier-Verfahren geschätzt, Gruppenvergleiche mittels gewichtetem Log-Rank-Test durchgeführt.

Ergebnisse: Von 1.198 Patient*innen mit synchron metastasiertem SCLC und leitliniengerechter SACT erhielten 10,6% zusätzlich eine TRT. Die TRT war mit einem verbesserten Überleben assoziiert (OS: 14 vs. 10 Monate; PFS: 6 vs. 4 Monate; p < 0,05). Besonders ausgeprägt war der Vorteil bei begrenzter Metastasierung: bei extra-thorakaler Einzelmetastase (entsprechend M1b nach TNM-Klassifikation) (OS: 21 vs. 11 Monate; PFS: 8 vs. 5 Monate) sowie bei Befall von maximal drei Organsystemen („limited multi organ involvement“) (OS: 11 vs. 9 Monate; PFS: 6 vs. 5 Monate), jeweils p < 0,05.

Schlussfolgerung: Auf der Basis bevölkerungsbezogener Registerdaten konnten Subgruppen von Patient*innen mit synchron metastasiertem SCLC identifiziert werden, die besonders von einer ergänzenden TRT profitieren könnten: Patient*innen mit extra-thorakalen Einzelmetastasen (M1b) sowie Patientinnen mit einer auf ≤ 3 Organsysteme begrenzten Fernmetastasierung („limited multi organ involvement“). Beide Gruppen zeigten einen signifikanten Überlebensvorteil unter zusätzlicher TRT im Vergleich zur alleinigen SACT. Dies unterstreicht die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung des Metastasierungsmusters. Trotz robuster Gewichtungsverfahren bleibt ein Restrisiko für Verzerrungen durch unbeobachtete Einflussfaktoren, insbesondere Komorbiditäten. Zukünftige Therapieentscheidungen sollten sowohl den Überlebensvorteil als auch mögliche TRT-assoziierte Toxizität berücksichtigen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.

Der Beitrag wurde bereits publiziert: [2]


References

[1] Wittekind C. TNM Klassifikation maligner Tumoren. 8. Auflage. Weinheim: Wiley-VCH Verlag; 2017. ISBN: 978-3-527-34280-8.
[2] Schliemann A, Bertram S, Twardella D, et al. Lokale Tumortherapie bei kleinzelligem Lungenkarzinom mit begrenzter oder ausgedehnter Metastasierung. Onkologie. 2025;31:635–646. DOI: 10.1007/s00761-025-01738-9