German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Hohe Rate an funktionellen Defiziten und MRT-morphologischen Veränderungen nach kindlicher VKB-Verletzung
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Verletzungen des vorderen Kreuzbandes (VKB) treten in allen Altersgruppen auf. Trotz geringer Inzidenz juveniler VKB-Verletzungen bei offenen Wachstumsfugen wurde ein zunehmender Trend und früheres Auftreten in den letzten Jahren beobachtet. Ursächlich sind die steigende Teilnahme an Hochrisikosportarten, wachsende Anzahl junger Leistungssportler und bessere Diagnostik mittels Magnetresonanztomographie (MRT).
Ziel der Studie ist die vergleichende Analyse bisher unzureichend untersuchter klinischer, struktureller und funktioneller Outcome-Parameter nach juveniler VKB-Operation.
Material und Methoden: In die retrospektive Single-Center-Beobachtungsstudie wurden in domo operierte, zum OP-Zeitpunkt ≤14 Jahre alte Patienten mit VKB-Verletzungen zwischen 2012 und 2021 eingeschlossen. Die Patienten erhielten eine Hamstringsehnenplastik aufgrund einer VKB-Ruptur oder eine Ausziehnaht infolge eines knöchernen VKB-Ausrisses. Additive periphere Stabilisierungen erfolgten nicht.
Von 81 möglichen Patienten wurden bisher 42 nach schriftlicher Einwilligung mit einem mittleren Follow-up von 6,6 ± 2,5 Jahren (Minimum 3,1; Maximum 12,7) klinisch, strukturell und funktionell nachuntersucht.
Neben dem Erheben des subjektiven International Knee Documentation Committe-Fragebogens (IKDC) erfolgten ein MRT zur strukturellen VKB-Beurteilung und Untersuchung sekundärer Knorpel- und Meniskusschäden und eine Funktionsdiagnostik aus isokinetischer Kraftmessung, Gang- und Gleichgewichtsanalyse im Motoriklabor.
Ergebnisse: 42 Patienten (♀ 40,5%; ♂ 59,5%) mit einem mittleren Alter zum OP-Zeitpunkt von 13 ± 1 Jahren (10; 14) wurden nachuntersucht. 37 Patienten bekamen eine VKB-Rekonstruktion (88,1%), 5 eine Ausziehnaht (11,9%).
Der mittlere IKDC-Score lag bei 74,7 ± 14,5% (31,03; 98,9).
Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung hatten 13 Patienten eine Re-Ruptur/ Transplantatversagen (30,9%) und 5 eine kontralaterale VKB-Ruptur (11,9%) erlitten.
Die MRT-Befunde zeigten bei 2 Patienten ein bisher unbekanntes chronisches Transplantatversagen (4,8%), bei 27 eine Chondropathie (64,3%) und bei 10 (potenzielle) Meniskusläsionen (23,8%).
Isokinetische Kraftmessungen ergaben ein nach dem Limb Symmetry Index (LSI [%]) berechnetes mittleres Kraftdefizit des operierten Beins von -8,3 ± 14,8 bei der Knieflexion und -10,2 ± 11,0 bei der Knieextension. Ein Patientendrittel zeigte Kraftdefizite auf der betroffenen Seite mit einem LSI >15%.
Die Auswertung der Gang- und Gleichgewichtsanalyse ist ausstehend.
Diskussion und Schlussfolgerung: Während hohe Reruptur-Raten nach juvenilen VKB-Verletzungen bekannt sind, ist das Ausmaß sekundärer Gelenkschäden und klinisch funktioneller Defizite mit einhergehender Risikoerhöhung einer frühzeitigen Arthrose nach juveniler VKB-Operation trotz im MRT strukturell intaktem VKB besorgniserregend.
Die subjektive Kniefunktion im IKDC ist nicht zufriedenstellend und führt zu persistierenden Einschränkungen.
Die bei einem Patientendrittel isokinetisch messbaren Kraftdefizite (LSI >15%) führen zu einer verminderten Toleranz gegenüber mechanischen Belastungen mit resultierender Risikoerhöhung für erneute Traumata, Sekundärschäden und chronische Symptome.
Eine jahrelange sekundärpräventive Nachsorge sollte daher stets integraler Bestandteil der Patientenführung werden.
Weitere Subgruppen-Analysen sind geplant.



