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German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC), Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU), Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
28.-31.10.2025
Berlin


Meeting Abstract

Welche Faktoren beeinflussen ältere Patient*innen im Umgang mit einer digitalen Entscheidungshilfe zur Knieendoprothese – Analyse einer deutschlandweiten Multicenterstudie (Value-based TKR)

Roman Riedel 1
Franziska Beyer 1
Stefanie Deckert 2
Toni Lange 2
Jochen Schmitt 2
Klaus-Peter Günther 1
Jörg Lützner 1
Anne Postler 1
1Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und Plastische Chirurgie, Dresden, Deutschland
2Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Dresden, Deutschland

Text

Zielsetzung und Fragestellung: Digitale Entscheidungshilfen können insbesondere für ältere Patient*innen geeignet sein, Informationen verständlich und benutzerfreundlich in die ärztliche Beratung zu integrieren. Im Rahmen des durch den Innovationsfonds geförderten Value-based Total-Knee-Replacement-Projekts wurde eine solche digitale Entscheidungshilfe entwickelt, um die partizipativen Entscheidungsfindung und auch deren Qualität zu verbessern (EKIT-Tool). Ziel der vorliegenden Sekundäranalyse war es, den Nutzen dieser digitalen Entscheidungshilfe insbesondere für ältere Patient*innen zu überprüfen.

Material und Methoden: Insgesamt wurden für die vorliegende Analyse 616 Patient*innen (Durchschnittsalter 67,2 Jahre, 57,3% weiblich) von 10 Standorten eingeschlossen, von denen 253 (41,1%) mindestens 70 Jahre alt waren. Neben soziodemographischen Daten wurden die Indikationskriterien der EKIT-Leitlinie Knie, aber auch die Fähigkeit zur eigenständigen Bedienung des Tablets, dem Wunsch der Unterstützung in der Entscheidung und der Zufriedenheit mit dem Aufklärungsgespräch erfragt. Der statistische Vergleich zwischen den Gruppen wurde mittels Chi-Quadrat-Test bzw. Mann-Whitney-U-Test durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0,05 festgelegt.

Ergebnisse: Patient*innen ab dem 70. (vs. bis zum 69.) Lebensjahr waren zu 99,2% in Altersrente (< 0,001), anteilig 58,5% weiblich (vs. 56,5%) und wiesen einen niedrigeren BMI auf (28,8 vs.31,4 kg/m², p < 0,001). Die Prävalenz der fortgeschrittenen Gonarthrose war ab dem 70. Lebensjahr höher, 98% Stadium 3+4 nach K&L (vs. 93,1%, p = 0,05). Die medikamentöse Therapie wurde in beiden Gruppen gleichermaßen verordnet, ältere Patient*innen erhielten jedoch mit 55,3% seltener Physiotherapie (vs. 64,7%, p = 0,019). Ältere Patient*innen wünschten sich häufiger die Knieendoprothese (82,6% vs. 73,8%, p = 0,29), wollten aber nur in 51,8% eine selbstständige Entscheidung (vs. 60,3%, p = 0,035) treffen. Die selbstständige Bedienung des Tablets gelang 33,2% der älteren Patient*innen, 29,6% mit anteiliger Hilfe und 37,2% mit vollständiger Übernahme (vs. 57,0%, 20,7% und 22,3%, p < 0,001). Die häufigsten Ursachen waren technische Probleme (67,8%), Wunsch der Unterstützung (15,6%) und fehlende Brille (4,5%). Dennoch war die Zufriedenheit mit dem Aufklärungsgespräch in beiden Kohorten vergleichbar (73,9% vs. 73,8%) und auch die Empfehlung für eine Knieendoprothese wurde gleichermaßen ausgesprochen (89,3% vs. 85,4%).

Diskussion und Schlussfolgerung: Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass digitale Entscheidungshilfen auch ältere Patient*innen in ihrer Entscheidungsfindung unterstützten können, jedoch oft zusätzliche Hilfe bei der Nutzung erfordern. Da ältere Patient*innen seltener eine autonome Entscheidung treffen möchten, ist eine individuelle und enge ärztliche Beratung essenziell, um eine informierte und partizipative Entscheidungsfindung zu gewährleisten.