German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Der Einfluss von paraspinaler Muskeldegeneration und Knochendichte auf die Zugfestigkeit von Pedikelschrauben: Eine Finite-Elemente-Analyse-Studie
2Spine Research Service, Hospital for Special Surgery, New York, USA
3Duke University, Durham, Deutschland
4Showa University, Tokyo, Japan
Text
Zielsetzung und Fragestellung: Die Stabilisierung mittels Pedikelschrauben (PS) ist fester Bestandteil der Wirbelsäulenchirurgie, birgt jedoch bei Patienten mit reduzierter Knochendichte ein Lockerungsrisiko. Während frühere Studien den Zusammenhang zwischen volumetrischer Knochendichte (vBMD) und Wirbelkompressionsfestigkeit untersuchten, bleibt der Einfluss von Fettinfiltration (FI) der paraspinalen Muskulatur auf PS-Zugfestigkeit unklar. Ebenso ist unklar, ob die Kompressionsfestigkeit die Schraubenfestigkeit vorhersagen kann.Ziel dieser Studie ist es, mittels Finite-Elemente-Analyse (FEA) zu untersuchen, welchen Einfluss vBMD sowie FI der paraspinalen Muskulatur auf PS-Zugfestigkeit haben und ob die Wirbelkompressionsfestigkeit als Prädiktor für die Schraubenzugfestigkeit dienen kann.
Material und Methoden: In einer retrospektiven Querschnittsstudie an einem spezialisierten orthopädischen Zentrum wurden aus 107 Patienten, die zwischen 2014 und 2020 präoperative CT- und MRT-Aufnahmen erhielten und bereits hinsichtlich der Kompressionsfestigkeit analysiert wurden, Patienten mit Pedikelgrößen von 9–10,5mm für eine Zugfestigkeitsanalyse ausgewählt. Ausschlusskriterien waren Wirbelfrakturen, vorausgegangene Fusionsoperationen, Wirbeltumoren, Infektionen sowie mangelhafte Bildqualität. Aus CT-Daten wurde ein 3D- FEA-Modell des L1-Wirbels erstellt und digital eine 40×7,5mm große PS implantiert. Durch progressive axiale Belastung in 20-N-Schritten wurde die Zugfestigkeit ermittelt; separat erfolgte die Bestimmung der Kompressionsfestigkeit. vBMD wurde mittels quantitativer Computertomographie gemessen, und die FI der Musculi erector spinae (ES) sowie multifidus (MF) aus T2-MRT-Aufnahmen auf Höhe L4 quantifiziert. Univariable und multivariable lineare Regressionsanalysen, adjustiert für Alter, wurden zur Korrelationsuntersuchung durchgeführt (Signifikanz p<0,05).
Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 30 Patienten (mittleres Alter 58±13Jahre, 40% Frauen, mittlerer BMI 28±4kg/m²). Die mittlere Zugfestigkeit betrug 856±313N (IQR 580–1120N), die Kompressionsfestigkeit 9132±2601N (IQR 7266–10460N). Die durchschnittliche vBMD war 126±31mg/cm³ (IQR 101–148mg/cm³). Es zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Zugfestigkeit und FI von ES oder MF. In der multivariablen Regressionsanalyse waren jedoch vBMD (β=4,43, 95%-KI: 0,71–8,16, p=0,021) sowie Kompressionsfestigkeit (β=0,0459, 95%-KI: 0,0024–0,0894, p=0,039) signifikante Prädiktoren für Zugfestigkeit.
Diskussion und Schlussfolgerung: Die FEA-ermittelte Last bis zum Kompressionsversagen korreliert mit paraspinaler Muskelqualität und Knochendichte, wobei das PS-Versagen hauptsächlich von vBMD beeinflusst wird. Dies legt nahe, dass die Zugfestigkeit stärker von der Mikroarchitektur des trabekulären und kortikalen Knochens im Pedikel abhängt als von der Integrität des gesamten Wirbels und der mechanischen Lastübertragung umgebender Muskeln. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer individuellen präoperativen Knochenevaluation. Obwohl die Muskelqualität die Fixationsstabilität nicht direkt beeinflusst, ist die Optimierung der präoperativen Muskelgesundheit essenziell, um die Genesung zu verbessern und postoperative Komplikationen zu reduzieren.



