German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2025)
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie 2025 (DKOU 2025)
Computergestützte Untersuchung neuartiger Ti-Nb-Ta-Legierungen für die zementfreie Knieendoprothetik hinsichtlich tibialer Knochen-Implantat-Wechselwirkung
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Zielsetzung und Fragestellung: Die aseptische Implantatlockerung stellt eine der Hauptgründe für eine Revision zementfreier Knieendoprothesen dar (Grimberg et al., 2024). Diese wird zum Teil auf werkstoff-bedingte Einflussfaktoren zurück geführt. Die Diskrepanz der mechanischen Eigenschaften zwischen dem periimplantären Knochens und der tibialen Komponente kann zur Spannungsabschirmung (Stress-Shielding) und nachfolgend zu einem Verlust der knöchernen Substanz führen. Für die Reduktion des Stress-Shieldings eignen sich neuartige biokompatible Legierungen auf Titan-Niob-Tantal-Basis (Sass et al., 2024). Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Knochen-Implantat-Interaktion der tibialen Komponente einer Knieendoprothese in Abhängigkeit des Implantatwerkstoffes (Ti-6Al-4V vs. Ti-Nb-Ta) computergestützt zu untersuchen. Die Untersuchung erfolgte unter Verwendung einer kombinierten Analyse mittels Mehrkörper- und Finite-Elemente-Simulation (MKS-FEA) [1].
Material und Methoden: Eine kreuzbanderhaltende mobile-bearing Knieendoprothese (Columbus® rotating platform, Aesculap AG, Tuttlingen) wurde zunächst in ein individualisiertes Mehrkörpermodell in Simpack v9.7 (Dassault Systèmes Simulia Corp.) integriert. Hierbei wurde muskelinduziert der Lastfall einer zweibeinigen Kniebeuge bis 90° Flexion unter Berücksichtigung wirkender Bandkräfte simuliert. Die Gelenkdynamik, d.h. Kräfte und Bewegungen, wurden anschließend in ein Finite-Elemente-Modell in Abaqus 2022 (Dassault Systèmes Simulia Corp.) übertragen (Abbildung 1[Abb. 1]a). Alle Materialien wurden linear-elastisch und isotrop modelliert. Das Material der tibialen Komponente wurde entsprechend variiert, siehe Tabelle 1 [Tab. 1]. Die Eigenschaften des Knochenlagers wurden heterogen im Modell nachgebildet und basierend auf den CT Daten der Tibia modelliert. An der proximalen Tibia wurde eine 5 mm dicke mediale und laterale kortiko-spongiöse Knochenregion definiert, in welcher die Dehnungsenergiedichte (SED) als Indikator für das Stress-Shielding ausgewertet wurde. Hierbei wurden die Titan-Niob-Tantal-Werkstoffe mit der etablierten Legierung Ti-6Al-4V verglichen.
Ergebnisse: Die kombinierte MKS-FEA ermöglicht eine Bewertung der Knochen-Implantat-Interaktion der tibialen Komponente. Der eingesetzte Implantatwerkstoff beeinflusst deutlich die Spannungsenergiedichte an der proximalen Tibia (Abbildung 1b[Abb. 1]). Die Ti-35Nb-6Ta-Legierung führte zur größten Reduktion des periimplantären Stress-Shieldings bei einer Flexion von 40°, d.h. um mehr als 28% im Vergleich zu Ti-6Al-4V-Legierung.
Diskussion und Schlussfolgerung: Legierungen auf Titan-Niob-Tantal-Basis mit reduzierter Steifigkeit können zu einer verbesserten Knochen-Implantat-Interaktion der tibialen Knieendoprothesen-Komponente führen, indem diese die Diskrepanz der mechanischen Eigenschaften des Implantatwerkstoffes zum umgebenden Knochen verringern. Die vorliegende computergestütze Analyse unterliegt Limitationen hinsichtlich der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ein breiteres Patientenkollektiv. Daher sollten weiterführende Untersuchungen der Ti-Nb-Ta-Legierungen als möglicher Implantatwerkstoff für zementfreie Knieendoprothesen erfolgen.





