36. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V.
36. Kongress der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V.
Epidemiologie und Behandlung von Darmfunktionsstörungen in Deutschland – eine retrospektive Analyse von Routinedaten der gesetzlichen Krankenkassen
2inav GmbH, Berlin, Deutschland
Text
Einleitung: Darmfunktionsstörungen (DFS) wie Stuhlinkontinenz oder Obstipation können die Lebensqualität Betroffener erheblich beeinflussen. Epidemiologische Daten zur Bedeutung der DFS in Deutschland sind jedoch limitiert. Diese Studie untersucht die Prävalenz von DFS und Therapiehäufigkeit in Deutschland.
Methode: Die Analyse erfolgte in Abrechnungsdaten von rund 4,1 Millionen Versicherten aus 15 gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Zeitraum 2013 bis 2022.
Es wurden Querschnittanalysen sowie longitudinale Beobachtungen mittels ICD-10 und Therapie-Analysen mittels OPS, ATC, Hilfsmittelcodes, Heilmittelpositionsnummern und ICD-10 durchgeführt. Versicherte ≥3 Jahren wurden betrachtet und Ergebnisse auf die GKV-Gesamtpopulation alters- und geschlechtsadjustiert extrapoliert. Als leitliniengerechte Therapieoptionen wurden konservative Maßnahmen (Ernährungstherapie, medikamentöse Therapie, Physiotherapie und Beckenbodentraining), transanale Irrigation und invasive Maßnahmen (u. a. sakrale Neuromodulation, Stoma) betrachtet. Die Analyse der Zeit bis zum Therapiestart erfolgt mittels Methode nach Kaplan-Meier.
Ergebnisse: Bei Anwendung eines M2Q-Kriteriums (ambulant gesicherte Kodierung in zwei Quartalen) zeigt sich eine auf die GKV-Population hochgerechnete Prävalenz von DFS in 2022 von 2,5%. Etwa 60,5% dieser Patienten erhielten in unserer Analyse keine nach unserer Definition kodierte Therapiemaßnahme zu Lasten der GKV. Die ca. 39,5% Patienten mit kodierter Behandlung erhielten zu 98,4% eine konservative Maßnahme, 0,8% eine transanale Irrigation und 2,9% eine invasive Maßnahme (Mehrfachtherapien waren möglich). 2,7 Jahre nach Erst-Kodierung einer DFS wurde bei 50% der Patienten noch keine der definierten Therapiemaßnahmen verordnet.
Schlussfolgerung: Unsere Untersuchung zeigt eine relevante Prävalenz von DFS in Deutschland, basierend auf publizierten Daten wird von einer zusätzlichen Dunkelziffer ausgegangen. Die lange Zeit bis zu einer verordneten Therapiemaßnahme lässt vermuten, dass Patienten auch im erheblichen Maße eigenständig Maßnahmen ergreifen.
Interessenkonflikte:
- Dr. Elin Brunckhorst, Christian Grete, Uwe Papenkordt, Dr. Sebastian Schwabe, Helge Blumenroth, Naveen Surendranathan, Peter Saade und Nicole Harm sind Mitarbeiter der Coloplast GmbH.
- Dr. Claudia Grellmann und Dr. Matthias Arnold sind Mitarbeiter der inav GmbH, welche durch die Coloplast GmbH mit der Durchführung der Studie beauftragt wurden.



