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Künstliche Intelligenz: Die digitale Zukunft in der Pflege gestalten. 9. Fachtagung Technik – Ethik – Gesundheit


20.-21.05.2025
Nürnberg


Meeting Abstract

Von der Idee zur Praxis: Der Experimentierraum des PflegePraxisZentrums Hannover als Brücke zwischen Technologie und Pflegealltag

1Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

Text

Einleitung & Motivation: Ein zentrales Problem im Kontext der zunehmenden technologischen Innovationen im Gesundheits- und Pflegebereich besteht darin, wie die Entwicklung und Implementierung neuer Technologien verantwortungsvoll gestaltet werden kann. Insbesondere stellt sich hier die Frage, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit, ethische Reflexion und praktische Erprobung in einem Experimentierraum wie dem PPZ-Hannover effektiv miteinander verknüpft werden können, um innovative Lösungen zu fördern, die sowohl den technischen Anforderungen als auch ethischen Standards gerecht werden. Dabei gilt es zu klären, welche Strukturen und Prozesse notwendig sind, um einen sicheren und verantwortungsvollen Raum für Innovationen zu schaffen, der den komplexen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung gerecht werden kann. Neben vielen anderen Herausforderungen, war wohl die größte Herausforderung für uns, einen Raum zu finden, welcher sich als Brücke zwischen Technologie und Pflegealltag eignet und gleichzeitig repräsentativ genug ist um allen Innovationen den angemessenen Rahmen zu geben

Material & Methoden: Zur Beantwortung dieser Fragestellung wurden Evaluationsergebnisse aus der ersten Projektphase, sowie die Erfahrungen aus der laufenden zweiten Projektphase erhoben. Für die Evaluation erhielten die Teilnehmenden nach Veranstaltungsende einen Evaluationsbogen mit acht ltems und einem Freitextfeld. Zusätzlich hatten alle Teilnehmenden die Möglichkeit, positive und negative Aspekte sowie Verbesserungsvorschläge einzubringen.

Ergebnisse: Im PPZ-Hannover haben wir in der ersten Projektphase (2018-2024) auf einer unfallchirurgischen Pilotstation die Bedarfe der Pflegeempfänger:innen und Pflegefachpersonen erfasst. Neben dem herausfordernden Verhalten von Menschen mit Demenz, wurden u.a. eine hohe Dekubitusinzidenz, körperliche Belastungen wie Rückenschmerzen und die häufige Klingelnutzung der Pflegeempfänger:innen genannt. In der anschließenden Produktrecherche wurde national und international nach entsprechend innovativen Produkten gesucht, welche nach Vorstellung im Projektteam, in entsprechenden Innovationsworkshops den Pflegefachpersonen vorgestellt wurden. Hier hatten die Pflegefachpersonen die Möglichkeit, die Produkte intensiv kennenzulernen und sie praktisch auszuprobieren.

Im Experimentierraum des PPZ-Hannovers findet sich eine umfassende Zusammenstellung von Technologien zu den Themenschwerepunkten:

  • Demenz,
  • Arbeitsorganisation/Arbeitserleichterung,
  • Sturzprävention,
  • Dekubitusprävention,
  • Arbeitsbelastung,
  • Kommunikation sowie
  • zwei Virtual Reality-Anwendungen.

In Schulungsmodulen und Fortbildungen hatten Pflegefachpersonen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen die Möglichkeit, die Technologien kennenzulernen und ihre Anwendbarkeit zu erproben. Zusätzlich boten speziell entwickelte Online-Lerneinheiten die Möglichkeit, dass bereits erworbene Wissen zu vertiefen und bereits Gelerntes zu wiederholen.

Nach Abschluss der Module hatten die Teilnehmenden Pflegefachpersonen die Möglichkeit, diese zu evaluieren, wobei die Auswertung der Fragebögen zeitnah erfolgte um im folgenden Modul die Wünsche entsprechend berücksichtigen zu können.

Im Jahr 2023 wurden acht Fortbildungen von insgesamt 42 teilnehmenden Pflegefachpersonen evaluiert. Alle gaben an, dass sie neben den guten und verständlichen Erklärungen der Technologien, ausreichend Zeit hatten diese auszuprobieren und einen Wissenszuwachs für sich erfahren haben. Forciert nichtzustimmende Bewertungen, wurden im Freitextfeld damit begründet, dass einige der vorgestellten Technologien für die jeweilige Station oder Einrichtung nicht finanzierbar seien oder das die vorherrschende Infrastruktur, wie bspw. fehlendes WLAN, den Einsatz der Technologien nicht möglich macht.

Die Selbsteinschätzung nach Reanimationsübungen mit einer VR-Anwendung von Pflegeschüler:innen zeigt, dass die VR-Reanimationsschulung einen positiven Effekt auf die Sicherheit, die Angst und das Wissen über die Handlungsabläufe in Reanimationssituationen aufweist. Besonders interessant dabei ist, dass alle Pflegeschüler:innen angaben, trotz theoretisch bereits erworbenen Wissens, einen zusätzlichen Wissenszuwachs für sich erfahren zu haben.

Auch wenn die finanziellen und strukturellen Probleme auch noch heute bestehen, so ist es doch gelungen einige der Technologien erfolgreich in die Pflegepraxis zu integrieren.

Diskussion: Insgesamt hat sich bestätigt, dass ein solcher Experimentierraum wesentlich dazu beiträgt, nachhaltige, Lösungen zu implementieren, diese in enger Zusammenarbeit mit den Entwicklern weiterzuentwickeln, sowie die Versorgungssicherheit der Pflegeempfänger und die Arbeitszufriedenheit der Pflegefachpersonen zu erhöhen. Durch die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis konnten innovative Technologien getestet werden, die die spezifischen Anforderungen des Gesundheits- und Pflegebereichs berücksichtigen. Die integrative Herangehensweise fördert dabei nicht nur technologische Fortschritte, sondern auch eine bewusste Reflexion ethischer Fragestellungen, was zu einer verantwortungsvollen Innovation in die Praxis beiträgt. Der Experimentierraum des PZZ-Hannover stellt damit einen wichtigen Baustein in der Öffentlichkeitsarbeit des PPZ-Hannover dar und ist repräsentativ für eine sich verändernde Pflegelandschaft.