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Deutscher Rheumatologiekongress 2025

53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh)
39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
17.-20.09.2025
Wiesbaden


Meeting Abstract

Welche Faktoren motivieren Patient:innen, ihre Daten für eine Real-World Data Forschungsplattform zu spenden, und was wissen sie nach ihrer „Broad Consent“-Zustimmung?

Jutta Richter 1
Hasan Acar 1
Antonia Becker 1
Waldemar Ockert 2
Dominykas Kriauciunas 2
Markus Schröder 3
Jörg Distler 1
Matthias Schneider 1
Gesine Richter 4
1Klinik für Rheumatologie und Hiller Forschungszentrum Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf
2ZS Inc., London
3Serrala Group GmbH, Berlin
4Institut für Experimentelle Medizin, Arbeitsgruppe Medizinethik, CAU zu Kiel, Kiel

Text

Einleitung: Medizinische Real-World Data (RWD) werden an unterschiedlichen Orten erfasst und gespeichert (z.B. in Krankenhäusern, Praxen). Als Vorreiter in der Rheumatologie verbindet Data Nexus (DN) RWD zur Durchführung klinischer, wissenschaftlicher und pharmazeutischer Forschung in einem medizinischen Datenraum. Die schriftliche Einwilligung der Patient:innen zu ihrer Datennutzung in DN ist obligatorisch. Untersucht wurden die Motivation zur Einwilligung und das Verständnis der Inhalte des Broad Consent (BC) zur Verwendung klinischer und biomaterial-bezogener Daten für Forschungszwecke in DN [1].

Methoden: Ambulante Patient:innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wurden durch ein Mitglied des DN-Teams anhand der ausgegebenen BC-Informationen ausführlich über Inhalte des BC und Ziele von DN informiert. Nach der schriftlichen Einwilligung wurden Motivation und Verständnis der Information mit einem auf Vorarbeiten [2], [3], [4] basierenden, anonym auszufüllenden Evaluationsfragebogen (EQ) mit 20 Fragen (vorgegebene Antwortmöglichkeiten und Optionen für Freitext) erfasst.

Ergebnisse: Zwischen 07/2023 bis 05/2024 willigten n=292/390 (75%) konsekutive Patient:innen in den BC ein, n=278/292 (95%) retournierten ihren EQ mit verwertbaren Angaben. Das Durchschnittsalter lag bei 56 Jahren, 72% waren weiblich, die mittlere Krankheitsdauer betrug 12 Jahre. Zu den Krankheitsgruppen gehörten rheumatoide Arthritis (32%), Psoriasis-Arthritis (10%), Spondyloarthritis (5%), systemischer Lupus erythematodes (31%), systemische Sklerose (5%), Vaskulitis (10%) und andere (6%).

Als Motivationsgründe wurden prosoziale Aspekte, Dankbarkeit und Reziprozität genannt. Obwohl sich die Teilnehmenden durch das Informationsmaterial und die persönliche Aufklärung des DN-Teammitglieds gut informiert fühlten (Median 2, NRS 1 (sehr gut) – 6 (gar nicht)) und die Verständlichkeit der Informationen als gut bewertet wurde (Median 2, NRS 1 (sehr gut) – 6 (gar nicht)), variierte das Verständnis: Gut verstanden wurde, welche RWD Arten an DN gespendet werden (86%), wo diese gespeichert werden (74%) und wo sie verarbeitet werden (71%). Die Rolle des sog. „Use and Access Committee“ verstanden nur 57%. Komplexere datenschutzrelevante Prozesse und Dauer der Datennutzung kannten noch weniger.

Das Verständnis, wer berechtigt ist, die Daten für die Forschung zu nutzen, war uneinheitlich: Die Datennutzung zur Forschung an Universitätsklinken verstanden 87% der Teilnehmenden, zur Forschung für private, pharmazeutische Unternehmen lediglich 46%. 62% bzw. 50% verstanden, dass Forschungseinrichtungen aus Deutschland bzw. aus der EU die Daten nutzen können.

Die Mehrheit (n=227, 88%) war nicht besorgt, wie ihre Daten in der DN-Plattform verwendet werden. Nur eine Minderheit (n=30, 11%) äußerte Bedenken über die Nutzung der Daten innerhalb der Plattform, darunter Schutz der Daten (n=19, 7%), Datenverkauf (n=14, 5%) und Nutzung durch Unternehmen der pharmazeutischen Industrie (n=13, 5%).

Schlussfolgerung: Die Einwilligung in den BC erfolgt gemäß EQ Analysen hauptsächlich aufgrund hoher prosozialer Motivation, Dankbarkeit, Reziprozität und starkem Vertrauen in die akademische Forschung. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein vollumfängliches Verständnis von DN trotz intensiver Erläuterungen nicht gelingt.


Literatur

[1] Richter JG, et al. A clinical and scientific research platform for secondary use of real world data with AI methods – consent rate analysis from the informed broad consent. Annals of the Rheumatic Diseases. 2024 Jun;83(Supplement 1):534. DOI: 10.1136/annrheumdis-2024-eular.1011
[2] Richter G, Trigui N, Caliebe A, Krawczak M. Attitude towards consent-free research use of personal medical data in the general German population. Heliyon. 2024 Mar 11;10(6):e27933. DOI: 10.1016/j.heliyon.2024.e27933
[3] Richter G, Borzikowsky C, Hoyer BF, Laudes M, Krawczak M. Secondary research use of personal medical data: patient attitudes towards data donation. BMC Med Ethics. 2021 Dec 15;22(1):164. DOI: 10.1186/s12910-021-00728-x
[4] Richter G, Krawczak M, Lieb W, Wolff L, Schreiber S, Buyx A. Broad consent for health care-embedded biobanking: understanding and reasons to donate in a large patient sample. Genet Med. 2018 Jan;20(1):76-82. DOI: 10.1038/gim.2017.82